VL Staatsarzneikunde.
war nichts weniger als gebunden, da er nicht nach einer ‚bloss sei-
ner Kinbildung vorschwebenden fixen Idee handelte, sondern einen
an sich untadelhaften Zweck, den guten Stund seines Hofes, je-
doch durch ein gesetzwidriges, höchst strafbares Mittel zu errei-
chen strebte. Das Kind stand diesem Plane im Wege, es machte
ihm in der Haushaltung Störung, verursachte viel Plage, er musste
deshalb eine Magd halten und hatte dabei den heimlichen Verdruss,
das seinem neuen Schwiegervater und jungen Weibe gegebene Ver-
sprechen, das Kind ausser dem Hause unterzubringen, nicht erfül-
Jen zu können. Die Vortheile, welche er sich durch des Kindes
Tod träumte, gaben ihm sophistische Gründe über den Tod des
Kindes im Voraus: es sey um dasselbe nicht sonderlich Schade;
es kränkele immer; es werde zu einem Landwirthe nicht taugen
und in Zukunft wohl gar Noth leiden müssen. d) Er hat sich auch
im Grade des Verbrechens nicht geirrt, da ihm nicht unbekannt
war, dass auch der Vater seinen Sohn nicht umbringen darf, und
als er nach der That gesucht wurde, fürchtete er, es werde nicht
gut ablaufen, er werde um’s Leben kommen.. e) Er hat sich ei-
nen auf die Kenntniss seiner Hausleute wohl berechneten Plan ent-
worfen, wie er sich wegen des Mordes ausreden wolle und seine
That ungestraft ablaufen könne; denn er hatte die Ueberzeugung,
dass diese ihm eine solche That nicht zumuthen, ja selbst seinem
Geständnisse nicht Glauben beimessen, oder die "That. verheimli-
chen helfen würden. f) Erst nach der That bereuete er, sich
nicht jemandem entdeckt zu haben, der ihm hätte abrathen können.
Er wollte das Kind bei Nacht tödten, weil ihn am Tage die Leute
gesehen haben würden und weil er die 'That am Tage sich nicht
zutraute. Also war sein Vorhaben absichtlich verheimlicht, damit
ihm nicht etwas in den Weg trete. g) Erst nach der That sah er
das Grässliche derselben ein, weil seine Hoffnung, der Mord werde
verheimlicht bleiben und durch das Vorgeben, das Kind sey durch
einen Fall verunglückt, auf ein Mal scheiterte, Furcht und Angst
ob der eigenen Gefahr sich seiner bemächtigte. — Da nun ferner
aus den Acten sich ergiebt, dass Inquisit zwar ‚von Natur gutmü-
thig, verträglich, ordentlich, dem Laster nie, selbst dem Trunke
nicht, ergeben gewesen, jedoch den ersten Religionsunterricht
nothdürftig in ‚einer Dorfschule genossen habe; da überdies die
Acten keine Sylbe davon erwähnen, dass er in trüben Stunden und
als ihn der Gedanke, sein Kind zu morden, verfolgte, zu seinem Schö-
pfer sich zu wenden, diesem sein und seiner Kinder künftiges Schick-
sal anheimzustellen versucht habe, ja in den Augenblicken der
schauderhaften Ermordung, in den Stunden der Reue und Zerknir-
schung nicht an Gott und Sünde, sondern bloss an das weltliche
Gericht gedacht hat ; so urtheilt der Professor BERNT und muss ur-
theilen: dass Inquisit, in Bezug auf den verübten Mord,
als ein, ohne sein Verschulden im Christenthume
schlecht oder gar nicht unterrichteter, roher Na-