x 111 Materia medick und Toxikologie,
belkeiten, das Wasserspeien und die Bauchschmerzen wollte: sich
nicht geben und mussten durch andere Mittel beschwichtigt wer-
den; aber dennoch zeigt dieser Fall, dass die Granatwurzelrinde
auch bei Complicationen den Bandwurm abtreibt. [Med. Jahrb.
d. k. k. österreich. Staates, 1884, Bd, 15, St. 4.] (V—t.)
. 136. Otterbissvergiftung, durch äusserliche, ein-
fache Behandlung beseitigt; vom Kreisphysicus Dr, WAG-
NER in Schlieben. Am 6. Jul v. J. raufte ein 6jähriger Knabe
in Begleituug seiner 14jährigen Schwester‘ im Graben der durch
einen Sumpf führenden Landstrasse neben einer darin bei einem
Brombeerstrauche stehenden, ajten Weide etwas Gras aus, wobei
ihn eine Otter (Coluber Berus) am Fusse in die Knöchel biss. Aus
den zwei bemerkbaren Schrämmchen floss ein Tropfen Blut. Auf
der Strasse vorüberziehende, mit-Otterbissheilung nicht uhhekannte
Landleute riethen den Fuss in Moor zu stecken und dabei die
Wunde mit Wasser auszuwaschen, unter dem Kniegelenke eine
Binde anzulegen und das ganze Glied bei Anheimkunfit stark mit
armem Baumöle einzureiben, was denn auch Alles, bis auf-das
Kinreiben Ges Baumöle, sogleich geschah. Die Unterbindung wurde
mit einem dünnen seidenen, zusammengerollten Tuche vorgenom-
men. Dennoch trat bald Geschwulst des Fusses und so heftiger
Schmerz ein, dass der Knabe nicht auftreten konnte, sondern von
der Schwester aufgehuckt und so, jammernd und klagend, ja oft
über Schmerz laut aufschreiend, fortgeschleppt werden musste.
Kin Vorüberfahrender traf so das unglückliche Geschwisterpaar
und fuhr es eilig, um den Knaben möglichst bald in ärztliche Be-
handlung zu bringen, nach dem 4 Stunden davon entfernten Herz-
berg, wo der Kranke dem Stadtwundarzte Franz in folgendem Zu-
gtande übergeben wurde: Harte Geschwulst des ganzen Unter-
schenkels von den Zehenspitzen bis zum Knie, nur am Knöchelge-
Jenke blauroth und schmerzhaft; die beiden Wunden um Knöchel
so fein, dass sie kaum zu erkennen waren; sie erschienen wie von
feinem Gedörn verursacht; vom Knöchel bis zur Wade nur beim
Betasten Schmerzgefühl; der Puls schnell, fieberhaft; Erbrechen,
Nasenbluten, Irrereden, Gefühl von Taubheit, gelbe Hautfarbe und
blaue oder gelbe Blasen waren nicht vorhanden. Franz behielt
die Unterbindung bei, liess die warmen Einreibungen mit Baumöl
fleissig fortsetzen, legte warme Essigumschläge um den kranken
Unterschenkel, auch ein thalergrosses Vesicator auf die Bisswunde
und liess fleissig recht warmen, die Ausdünstung befördernden
Thee, bei magerer, kühlender Diät, trinken, worauf allgemeiner
Schweiss ausbrach. Tags darauf war die Geschwulet sehr ge»
fallen und Schmerz und Fieber geringer. In der Behandlung
wurde nichts geändert, die Unterbindung aber etwas gelüftet.
Den 3. Tag befand sich der Knabe ganz fieberfrei und die Ge-
schwulst war noch weit geringer, als Tags vorher. Man be-
hielt das einfaehe Verfahren bei, nur lese man die warmen Es-
sizumschläge weg. Den 4, Tag staud Pat. auf, und man nahm