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VII. Staatsarzneikunde.
jadenes Feuergewehr ganz nahe auf den Unglücklichen abgeschos-
gen wurde. Bei jedem Schusse aus einiger Entfernung weichen
die: Schrote, Pfosten, Kugeln u. 8. W., bevor sie das Schuse-
object treffen, von der geraden Schusslinie ab und auseinander
und schlagen deshalb an der Oberfläche des getroffenen Körpers
nie eine Wunde, sondern mehrere. Der Pfropf fällt bei ei-
ner abgefeuerten Pistole in 3—4 Schritten, bei einer losge-
schossenen Flinte in 6—10 Schritten Entfernung von der Mün-
dung des Gewehrs zu Boden. Flöge der Pfropf auch weiter, 80
wird er nie in den fremden Körper eindringen, sondern, so bald
er ihn berührt, zu Boden fallen. Wird aber das Gewehr in ei-
ner geringern Entfernung abgefeuert, 80 wird auch der Pfropf
durch die Kraft des Pulvers und durch die Gewalt der aus dem
Gewehrlaufe vor ihm hergetriebenen Lufteolonne in den ihm ge-
genüberstehenden Körper getrieben. Der zersprungene Schaft
der aufgefundenen Pistole spricht für ein Aufsetzen desselben
auf den‘ Wagenkasten beim Abfeuern. Die Richtung des Schuss-
canals in der linken Seite des Wagens und die Richtung der
Wunde des Knechtes deuten an, dass der Thäter sein Gewehr
mit der rechten Hand auf der linken Seite des Wagens abge-
feuert haben muss. Da durch diesen Schuss wichtige und theil-
weise zum Leben unumgänglich nothwendige Gebilde verletzt
und zum Theil abolirt wurden; so haben diese Verletzungen alle
Bedingungen zur Begründung des Todes des Verwundeten um 80
mehr in sich, da sie ausser den Gränzen der chirurgischen En-
cheirese liegen und die in das Parenchym der rechten Lunge
eingedrungenen und nicht entfernbaren fremden Körper eine der
Heilkraft der Natur wie der Wirkung der Therapeutik unzugäng-
liche Combination bildeten. Da endlich in den Acten keine Schäd-
lichkeit. aufzufinden ist, welche als mitwirkende Todesursache
später zu den ursprünglichen Verletzungen hinzugekommen wäre;
po ist mit Fug um Recht anzunehmen, dass Vulnerat an ‚den
vergefundenen Verletzungen eines gewaltsamen Todes gestorben
ist. — 2) Die Verletzungen des oben genannten
Knechts waren a) nothwendig tödtlich; hatten den
Tod ihrer allgemeinen Natur nach und c) unmittel-
bar bewirkt. Ad a) Zwar begründen die oben angegebenen
Müskel- und Knochen - Verletzungen im isolirten Zustande keine
absolute Lethalitätz allein durch den Schuss wurden die Brust-
eingeweide auf das heftigste erschüttert, durch die Zerstörung der
beiden Intercostalmuskeln im Umfange der zerschmetterten Rippe,
durch die Durchbohrung derselben an der vordern Thorical-Fläche
wurde der atmosphärischen Luft der Zutritt in die rechte Brust-
höhle eröffnet und schon dadurch die rechte Lunge den Folgen
einer adhäsiven Entzündung preis gegeben; und da endlich Fra-
gmente der zerschmetterten Rippe in den Schusseanal der Lun-
genwunde eingetrieben wurden, so ist nicht zu bezweifeln, dass
obige Muskel- und Kuochenverletzungen unter diesen Umständen