I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik, %
wird dadurch, dass es neben der herrschenden stationären Krank-
heitsconstitution auch wohl eine intercurrirende, partiale giebt,
welche die erstere in verschiedenen Richtungen durchkreuzt und
vereinzelte Krankheitsfälle hervorruft, noch schwieriger, die herr-
schende Krankheitsconstitution und das in ihr für den einzelnen
Krankheitsfall entscheidende Moment zu berücksichtigen; aber es
st von allergrösster Wichtigkeit. Bei herrschender biliöser Krank-
heitsconstitution z. B. ist der entzündliche Anstrich acuter Uebel,
die ‚unter ihrem Einflusse stehen, nur scheinbar und erfordert
keine Blutentziehungen, sondern Brechmittel; wie andererseits der
biliöse, nervöse, katarrhalisch-rheumatische Charakter öfters nur
Maske ist. Der wahre Krankheitscharakter wird durch die ent-
scheidende Uebermässigkeit eines causalen Moments, weches die
andern unterdrückt und niederhält, bestimmt. So wie in der herr-
schenden Krankheitsconstitution das Endemische besonders von {el-
lurischen, das Epidemische von atmosphärischen, das Pandemische
vorzüglich von allgemein - kosmischen Verhältnissen und Einflüssen
abhängt; so wird der Charakter einer epidemisch-herrschenden
Krankheit besonders durch die gleichzeitige Beschaffenheit der At-
mosphäre bestimmt. Die in der Atmosphäre sich bildenden Krank-
heitsgenien hängen aber für ihre Entstehung und Fortpflanzung
nicht einzig und allein, ja, wie es scheint, nicht ein Mal haupt-
sächlich von ihren, durch physikalische Instrumente messbaren
Eigenschaften und noch viel weniger von «len durch chemische
Zerlegung erkenubaren gasförmigen Bestandtheilen der Atmosphäre
ab; sondern nothwendig haben tausenderlei verschiedenartige E£f-
fiuvien, welche aus und von der Erde aufsteigen, daran namhaften
Antheil. — Den verheerendsten Seuchen gehen jedes Mal schon
lange Zeit ungewöhnliche atmosphärische Veränderungen, häufi-
gere Meteore, ungewöhnliche Witterungsbeschaffenheit u. 8 W,
voraus. - Auf diese folgt Misswachs, d. bh. zuerst erkrankt die ve-
getabilische Welt. Später treten Epizootieen ein, von welchen die
Wasserthiere früher als die Luftthiere ergriffen werden. Von den
Säugethieren wandert die Seuche zum Menschen, obgleich: eine
Uebertragung von Thier auf Mensch durch Ansteckung niemals
Statt hat und die Epidemieen der Form und dem Wesen nach an-
ders sind, als die Epizootieen. Wirkliche Ansteckungsstofte, wel-
che sich von Thieren auf Menschen, und zwar nur durch Einim-
pfung, niemals miasmatisch , übertragen lassen, sind der Wuthstoff,
der die gleiche, der Kuhpockenstoff, der eine ähnliche, und der
Milzbrandstoff, der eine ganz verschiedene Krankheit, nämlich die
bösartige Blatter, hervorbringt. Bei Seuchen unter Menschen wer-
den in der Regel zuerst wieder die Kinder und die unvoilkomme-
ner Ausgebhildeten (?) ergriffen, und so folgt die Natur auch bei
der Genesis der Krankheiten dem allgemeinen Gesetze, nach wel-
chem sie jeden Process zuerst in der Elementarwelt, im Reiche
des Unorganischen, gleichsam vorbereitend beginnt, dann in der
Pflanzenwelt durchführt, später ihn in das höhere Reich des ani-