Full text: (9. Band = 1834, No 17-No 24)

I. Pathologie, Therapie und mediclnische Klinik. 5 
der Krankheiten. Fieber und Entzündungen haben, mit Aus- 
nahme geringer, grösstentheils klimatischen Verschiedenheiten 
angehörender, Modificationen, auch jetzt noch denselben Verlauf, 
dieselbe Dauer, Phasen, ‚Krisen und Ausgänge, wie zu Hırro- 
KRATES Zeit und früher. Selbst an fossilen Knochen des Höh- 
Jenbären und Höhlenlöwen fand man die nämlichen krankhafien 
Zustände, welche gegenwärtig die Knochenkrankheiten der Men- 
schen darstellen.. Der Orient ist die Geburtsstätte und Wiege 
aller Caultur, und vom Oriente her, namentlich über Aethiopien 
und Aegypten, sind von jeher die fürchterlichsten und verhee- 
rendsten Seuchen nach Europa gekommen. Die universalhisto- 
rische, nordwestliche Richtung des Zuges der Cultur ist auch 
jene der Seuchen und Krankheiten, und selbst die asiatische Cho- 
lera hat diese Hauptrichtung ebenfalls genommen, obgleich mit 
einigen Abweichungen; sogar bei ihrer grossen, unerwarteten, 
westlichen Ueberspringung des Weltmeers behielt sie die nördli- 
che Richtung bei. So viel ist gewiss, dass der Name Pestilenz 
als Collectiv- Benennung für alle und verschiedene im Orient ent- 
sprungene, fieberhafte Krankheiten gebraucht wurde, und es ist 
wahrscheinlich, dass alle verheerenden Fieberkrankheiten, welche 
im Alterthume und im Mittelalter herrschten, orientalischen Ur- 
gprunges gewesen sind. — Es giebt also Krankheitsanfänge und 
Krankheitsprincipien, welche älter und mächtiger sind als das 
Individuum und von diesem nicht abgeleitet werden können. In 
gewissen Proportionen in der Welt, in den Weltgegenden und 
Weltaltern vertheilt, können sie Krankheitsagentien genannt 
und analogisch durch die allgemeinen kosmischen Agentien, die 
Wärme, die Elektricität, den Magnetismus u. 8. w. verständlich 
werden. Ist ein solches Krankheitsagens einmal entstanden, So 
pflanzt es sich fort, ohne jedesmal in der Continuität sichtbare 
Spuren zurückzulassen; es ist bei seiner Uebertragung und Fort- 
leitung eines latenten Zustandes fähig, den wir an andern phy- 
sikalischen Agentien, und selbst an wägbaren Stoffen kennen. 
Demnach können Krankheitsagentien durch menschliche Körper, 
als ihre Träger, sie können durch ganze Menschenmassen hin- 
durchwandern , ohne ihnen zu schaden, oder ohne. dadurch für 
den Dritten unschädlich zu werden; eine Thatsache, welche sich 
vor den Augen der Aerzte täglich wiederholt. Fertige, zur vol- 
Jen Ausbildung gelangte und selbstständig für sich fortbestehende 
Krankheiten sind die contagiösen. Den selbstständigen, lebenden 
organischen Wesen gleich, haben sie eine bestimmte und unver- 
änderliche Gestalt. Zu den Producten dieser Krankheiten giebt 
das ergriffene Individuum fast nur den Büildungsstoff her, die 
Krankheit producirt nach dem ihr inwohnenden Gesetze ihre ei- 
geuen Organe, welche besonders zur Wiedererzeugung ihres Sa- 
mens und zur Vermehrung ihres Ansteckungsstoffes bestimmt sind. 
Gegen das aufgenommene feindliche und fremde Krankheitsagene 
reagirt nun der in seinen Funetionen zestörte und verleizte (rga-
	        
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