479
Liek
480
mal um die Kirche getragen, bevor er an
die Gruft gebracht wurde. Selbstmörder
durften nicht durch die Pforte getragen wer
den; der Sarg wurde über die Kirchhofs
mauer gehoben. Über Aberglauben beim
Niederlassen des Sarges s. Dood I, 754. Nach
der Grablegung stärkten sich die Teilneh
mer im Kirchspielskrug (de Liek begeten).
Bei sehr weiten Entfernungen innerhalb des
Kirchspiels wurde die Leiche auch wohl auf
der Diele des Wirtshauses im Kirchdorf
aufgebahrt, und hier fand dann die Leichen
feier statt. Nach der Rückkehr vom Kirch
hof wurde im Trauerhause der Leichen
schmaus gehalten, zu dem früher sämtliche
Haushaltungen des Dorfes geladen wurden
(ein Haus, das man überschlug, mußte ab
brennen Stap.). Diese Feier, bei der es oft
schließlich ziemlich lustig herging, hat ver
schiedene Namen: Arfbeer I, 165 f.; Begriff,
Bigriff I, 276; Dodenbeer I, 760; Erdbeer
I, 1004; Fellversupen H, 53; Oraffbeer,
Gräff II, 463; Kretelbeer, Liekenköst, Truer-
mahltied; s. d. einzelnen Wörter. — Aber
glaube s. Dood 1,753 fi 759; Dodenhand I, 761,
—hemd I, 761, —wagen I, 763, —wiep I, 764;
Hand II, 604. Das beim Leichenwaschen be
nutzte Tuch muß an einen dunklen Ort ge
legt werden und darf von keinem Menschen
wieder benutzt werden; bei Tieren hat es
eine heilbringende Wirkung (Storm.). Bleibt
eine Leiche den Sonntag über stehen, so gibt
es bald einen neuen Toten (Nordsehl.). Ste
hen 2 Leichen im Kirchspiel, folgt bald eine
dritte (Nordfr.). Ist der Leichenzug fort,
darf keiner aus dem Hause gehen, bis einer
von draußen kommt und Einlaß begehrt
(Eckf.). Schlägt die Uhr eine volle Stunde,
wenn der Leichenzug auf dem Kirchhof an-
kommt, gibt es bald wieder einen Toten
(Kremp.). Wohin beim Grabzuschaufeln die
blanke Seite des Spatens des Totengräbers
zeigt, von der Seite kommt die nächste
Leiche (Kremp.). — Literatur über einzelne
Gegenden: Taillefas, Skizzen (1819) S. 206
(Prb.). Urdsbr. 6, 120. 125. 7, 119. 126
(Storm.). Urquell 1, 7 ff. 31 ff. 48 ff. (Dtm.);
vgl. 113 ff. 1, 189 (Nordfr.). 3, 299 ff (Nord-
fr.). Jb. f. Ldk. 10, 29 (Osterlügum). 370
(Föhr). Zs. 9, 201. Zs. f. Volksk. 17, 359 ff.
19, 261 ff. (Föhr). Nds. 20,116 (Holst.). Heim.
5, 76 (Nordsehl.). 7, 176 (Ang.). 9, 151
(Fehm.). 13, 129 (Flensb.). 17, 109 (Oh.).
27, 88 (Langwedel). 31, 171 (Ndtm.). 33, 210.
255 ff. (Nordfr. Nort.). 34, 76 f. (Bordsh.).
125 (Wm.). 35, 245 (Fehm.). 37, 283 (Seester).
Detlefsen, Elbmarschen 2, 410 f. Jensen, St.
Margarethen S. 59 f. 101 ff. (Wm.). Kock,
Schwansen 2 S. 294 ff. Jessen u. Kock, Hei-
matb. des Kreises Eckernförde S. 151 f. (Hü.).
Heimatb. des Kreises Steinburg 2, 507. —
Zsstzgen, teils mit dem Sing. Liek- (-bott,
-folg, -hohn, -hoot, -kist, -laken, -pinn,
-vagel), teils mit demPlur.Liehen-; oft sind
beide Formen bei demselben Wort in Ge
brauch; hier werden alle unter dem Plur. auf
geführt: Lieken-bott n. „Ansage zur Lei
chenfeier“ Ang. — beer n. „Totenschmaus
nach der Beerdigung“ Gg.v.Kiel; s.o. bei Z/iefc.
— bidder, — birrer m. „Leichenbitter“
(Sch. 3, 37); — b i d d e r s c h f. „Totenfrau“.
— decker f. „Frauen, die das Leichen
laken über den Sarg deckten“ Prb.; s. Liek.
— d o o k m. ,^Leichentuch“. Wenn ein Kran
ker die Bettdecke oder das Bettuch in die
Hände nimmt und in Falten zu legen sucht,
sagt man: heleggt sik sien L. tr echt Schlesw.
— f o 1 g f. „Leichengefolge“ Ang.; Liekfolg-
bgder meist ein größerer Schulknabe, der
zur Leichenfolge ansagt (Ang.). — f 9 h r f.
„Leichenfuhre“ Hus.; vgl. Storm, Ges. W. 7,
201: „Die Knechte waren mit 2 Gespannen in
der Leichenfuhre“. — gang m. „Beerdi
gung" Holst. 1840; vgl. das Lied mit dem
Anfang Gott Loff un Dank II, 450. — h a -
m e r m. „Holzwurm“, „Totenuhr“ Dtm.;
vgl. Dodenuhr I, 763. Sein Klopfen oder
Bohren bedeutet einen Toten. —hemd n.
„Totenhemd“. Wer in den Zwölften spinnt,
spinnt den Faden zu seinem eigenen Toten
hemd (Sgbg.). —hohn n. „Uhu“, „Nacht
eule“ Holst. 1800 (Sch. 3, 38), Todesbote.
— hoot m. „Zylinder“ Eid. 1860. — h u u s
n. „Vorraum der Kirche, in dem der Sarg
steht“ Ang. —kist f. (gewöhnlich: Liek-)
„Sarg“ Ang.; L. leg gen „die Leiche in den
Sarg legen“ Eggebek; vgl. dän. ligkiste.
— k ö s t f. „Leichenschmaus“ Oh. s. o. Liek.
— k r ü z n. „kleines, hölzernes Kreuz, das
mit einem Zettel im Dorf herumgeschickt
wird, auf dem die Zeit der Beerdigung an
gegeben ist“ Ang.; vgl. —pinn. —laken
n. „Leichentuch“ (vgl. Sch. 3, 36 f.). In jedem
Dorf war ein L. vorhanden, das verliehen
wurde (Nordfr.). he is so bleek as ’n L. Sch.
1,113. — 0 s s m. „Leichenochse“, früher die
Leichengebühr für den Prediger; vgl. Mo
ritz, Chronik des Kirchspiels Erfde S. 53 f.
— pinn (nur Liek-) m. „Holzstab, auf dem
man die Zeit der Beerdigung einschnitzte“
Ang.; er wurde von Haus zu Haus getragen,
„von warmer Hand in warme Hand“; er
durfte nicht hingelegt werden, sonst gab es
in dem Hause eine Leiche. Vgl. —krüz.
— p r 9 d i g t f. „die von der Kanzel herab
über den Sarg gehaltene Leichenrede“; vgl.
Sch. 3, 36. — rock m. s. Dodenrock I, 763.
— s ch 9 r f. „Leichenzug“, ’n L. sehn
„einen Leichenzug im Voraus sehen“ Ang.;
das können nur Sonntagskinder; vgl. —tog.