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Finsel — Finsterbank
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Finsel (finsl), Finzel (findsl), Fießel
(Hohn) m. „Fetzchen“, „Endchen“, „klei
nes Stück“, he geef mi man ’n gansen
lütten F. vun den Appel, lang man
düchtig hi un nimm ni so ’n ölen
lütten F. Botter (Fleesch). he reet den
Dook in luder lütte F-n (F-s); vgl. Fitjen,
Fiss. Auch für minderwertigen Kram: he
snoof sien Ngs in sienen oln F. vun Ta-
schendook ut Holst. 1870. en F. „kleine
niedrige Karte“, beim Kartensp. (Wm.). —
Zsstzg.: Finzel-kraam n. „wertloser
Kram“, he slgp luter Finzel- un Snun-
kraam ran Itz. — finzelig (fi-ndsdli)
adj. „dünn“, „übermäßig klein und fein“
Sdtm.
Finster (finsdn), seltener Fenster,
vereinz. Fienster (Oldbg.), pl. Finstern,
selten Finster, n. „Fenster“. Die beiden
Fensterflügel sind durch je zwei Hängen
an den Außenpfosten, durch Finster-haken
(-klinken) am Mittelpfosten der Zarge
(Sars, Finster-gericht) befestigt. Der Fin-
ster-rahmen (-lucht, auch -gericht, -sars)
wird durch je eine oder zwei Längs- und
Querleisten (Finster-trallen) aus Holz, in
älteren Häusern noch zuweilen aus Blei
(s. hliefaat S. 386, Finster-blie), das durch
dünne Eisenstäbe gestützt wird, in mehrere
Fächer (Finster-ruten) geteilt, in die die
Finster-schieben eingelassen sind. Abends
werden die Fenster durch Finster-laden,
-luken (von außen) oder durch Rollosen
(von innen) abgeblendet. Die Ausschmük-
kung der Fensterfüllung mit Gardinen ist
auf dem Lande noch jung, während die
Ausstattung der Finster-bank (-post, -sgmel,
-tr$sen) mit Topfblumen weiter zurück
reicht. Besondere Fensterarten sind das
Finster-schapp und das Kiek-finster (-lock).
— dat F. steit (stell dat F. mal) in de
Knirr (apen) „im Spalt“, „angelehnt“; s.
Knirr. wenn de Himmel dalfallt, so gähn
de F-n all entwei Ang.; vgl. dalfallen.
Scherzhafter Abschiedsgruß: adüs (lütt
Lieschen, Annlieschen), dat Geld liggt in
(vor) ’t F. se kiekt mit $r ut een F. „sie
hat ebenso viel Rang oder Geld wie die
andere“ Holst. 1800 (Sch. 1, 317), auch „sie
ist mit ihr gleicher Meinung“ Holst. 1840.
Wm.; vgl. Stück, se kiekt ut ’t hoge F.
(ut hoge F-n Holst. 1840) „sie ist stolz,
hochmütig“ Holst. 1800 (Sch. 1, 317) Wm.
he kiekt dörch en hempen („hänfenes“) F.
„er sieht mehr als andere Leute“, „über
klug“ Holst. 1840. de Fleescher kiekt dörch
’n Plünnkirl sien F. wenn jemand ein Loch
im Strumpf hat, sodaß die große Zehe hin
durchguckt (FL.) nu kann uns dat ne mehr
in’e F-n lopen „die größte Gefahr ist vor
über“ Wm. he fallt mit de Huusdgr in ’t F.
FL.; vgl. Dgr S. 791. he hett F. un Dijren
los „er ist überaus offenherzig“ Ggd. v.
Kiel 1800 (Sch. 1, 317). Anderes s. bei Di)r
S. ■ 790 unten, 791 oben, „dat is Geschäft“,
seggt Kark (wohl Name eines Glasers), dor
hau he F-n in, dat hqft den Umsatz“ Sgbg.
Wird beim Kartensp. Karo ausgespielt, so
sagt man: Ruten ut un F-n in Prb. Fehm.,
mit Zusatz: seggt de Glaser, dat is mien
Verdeenst Börm; Wortsp. zwischen Ruten
„Karo“ und R. „Fenster-rauten (auch
-scheiben)“; vgl. buten-ut S. 599. — Bei
Drohungen wird F-n gern in der Bdtg.
„Augen“ gebraucht: kriggst fgrts ’n paar
in de F-n! ik hau di de F-n in! ik will di
de F-n tonageln! Wm. se hebbt em in ’e
F-n lüdt („geläutet) „ins Gesicht geschla
gen“ Wm. Vgl. Finster-laden, Luuk. —
Rätsel und Scherzfragen: buten blank un
binnen blank, in de Mirr en holten Peter
mank (Fenster) Holst. 1840; vgl. blank S.
371. Spegel blank, Spegel blank, geit de
ganse Straat entlang (eine Fensterreihe).
wat is ni binnen un ni buten? (die Fen
ster) Wm. wgrüm kiekt de Möller dörch ’n
F.f (weil er nicht durch die Wand sehen
kann) Fehm. Vgl. auch Finster-schief. —
Neckreim: Jörn Diederich Münster kiekt
ut’t F. Burg (Sdtm.). — Bräuche: In der
Zeit vor Weihnachten stellen die Kinder
einen Teller ins F.; s. Fatt. Bei Beerdi
gungen wurden früher Lichter in die Fen
ster gestellt, obgleich das als ein „greu
licher heidnischer Brauch“ von der Kirche
verboten war (Tondern). — Aberglaube (s.
auch Finster-bank, -sweet, Brood S. 529 o.):
Besuch ist zu erwarten, wenn der Hahn
(am Sonntag-Morgen) hinter (unter) dem
F. kräht oder wenn ein Vogel das F. be
schmutzt (Ellerb.); s. Besök S. 306 a) u. c).
Werden die F. fleckig, so gibt es Regen
(Holst. 1840). Nächtliches Klopfen am F.
zeigt einen Todesfall an (Barmst.); vgl.
Dood S. 749 a) u. 752 f). Wenn ein Kind
zum F. hinaussteigt (durch das F. hinaus
gehoben wird, Holst. 1840. Elmsh.), wächst
es nicht, es sei denn, daß es denselben Weg
rückwärts zurücknimmt oder dreimal auf
die Erde spuckt (Elbm. 1840); vgl. Jb. f.
Ldk. 7, 384. 8, 89. Ausgekämmtes Haar
darf man nicht zum F. hinauswerfen;
denn wenn die Vögel es zum Nestbau be
nutzen, bekommt man Kopfschmerze^
(Oh.). Vogeldreck am F. bedeutet Glück
(Ndtm. Bornhöv.).
Finster-bank (fi-nsdabarsg), — bink (ä.I,
S. 227) f. „Fensterbank“; vgl. -post, -s?mel,
-trgsen u. Finster. Aberglaube: Setzt sich
eine Taube auf die F., so gibt es Besuch
(Ellerb.). Ein versteinerter Seeigel (Ge
witter-, Dunnersteen) auf der F. schützt