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gassein — Gassen
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Hadem., vereinz. gistern (gisdan) Schin
kel b. Gettorf (Dw.) sw. v. „gerstein“, eine
Vorstufe des eigentlichen Backens: der zu
Broten geformte Teig, der zuvor mit Was
ser (auch Milch) bestrichen ist, wird auf
der Gassei (s. o.) in den Backofen gescho
ben, in dem die glühenden Kohlen nach
beiden Seiten gerakt sind (Gasseifür), sodaß
eine Gasse für das Brot entsteht (Gassel-
bahn); man läßt die Brote dann wenige
Minuten in der Glut, bis sie eine Kruste er
halten und sich leicht gebräunt haben, und
zieht sie dann wieder heraus. Zuweilen
wurden sie dann gekehrt und noch einmal
für ganz kurze Zeit in den Ofen geschoben.
Vgl. backen 1 I, 205; angas sein I, 123. he
is man half backt un garni gasselt sagt
man von einem unreifen, unfertigen Men
schen. Aberglaube: Warzen kann man ent
fernen, wenn man beim Gassein mit
einer Handvoll Stroh oder Heu über das
Brot streicht und mit dem daran haften
bleibenden weichen Teig die Warzen be
streicht und das Stroh ins Feuer wirft;
alles unter strengem Stillschweigen (Deez-
büll in Nordfr.). — Zsstzgen: Gassel-
b ö s s f. „Bürste, die man beim Bestreichen
des Brotes benutzt“ (s. o.) Oldbg. — b r e 11
n. — Gassei. — b r o o d n. „Brot mit fester,
blanker Kruste“ FL. — holt n. „Holz, das
beim Gassein in den Ofen geworfen wird“
FL.
Gassen (gasn), Garsen (gasn) Pellw.,
Garsten (gäsdn) Flensb. Sch. 2, 11,
Gasten (gasdn) Mh„ daneben sehr ver
breitet die kürzeren Formen Gass (gas)
namentl. in Schlesw. (xas), Gars (xäs)
Hus., Gast (gasd) Schw. Ang., vereinz.
Ndtm. m. „Gerste“; schon mnd. stehen
nebeneinander gerste, garste, gast. Als G.
^ürd Hordeum vulgare bezeichnet; man
unterscheidet davon: will G. „Mäusegerste“,
Hordeum murinum (Dtm. Fehm.), Külgas-
sen „sechszeilige Gerste“, Hordeum
hexastichon und tweereegte G. „zweizeilige
Gerste“, Hordeum distichum. Die Granne
der Gerste heißt Eil (s. I, S. 1031); vgl.
Brott 2 . de G. is ut de Büx heißt es, wenn
die Gerstenrispen die Hülsen durchbrochen
haben, de G. is so schijr wenn die Körner
so lose sitzen, daß sie bei der geringsten
Bewegung herausfallen (Schlesw.). Neck
reime: Kassen (Assen I, S. 184), de Gös de
loopt in Gassen, se frgten, dat se hassen un
ropen ni eenmal Kassen (Assen), fortge
setzt als Nachbarreim: krieg se in’e Buur,
seggt Stuhr; hesst ’n Splien, seggt Gamme-
dat laat, seggt Rath; binn se ’n Reep
an n Been, seggt Jehann Kaaksteen Have
kost (FL.). Kassen kriggt Hawer un G. un
will doch ni wassen Dtm. Dänischhagener
Kanassen (s. d.) frgt Hawer un G., wüllt
liekers ni wassen Dän. Nienhof im Dw.
(Hütejungen). Trien, wat kriegt dien
Swien? Hawer un G.; wüllt liekers ni
wassen Holst. 1840. Kh. Storm. tickele,
tickele. taschen, Hein Cla/Sen sien Köh gaht
naschen in den Hawer un Gassen, dar schall
dat wull na wassen Pbg. ’n Kerl as Kassen,
fritt Hawer un G. Holst. 1840 (vgl. Sch. 2,
233), auch fritt Hawer un schitt G. Pbg.
oder schitt Hawer as G. Stap. — Werbelied:
riepen G. wölt wi meien, Stoppeln wglt wi
laten stahn; junge Jumfern wijlt wi freen,
ole Wiewer laten gähn; ik bün en Kgrl un
de wat Ighrt hett, de ok noch wat ijwer ’n
Stgrt hett; nananana, nananana, sprgkt dat
Jawgrd ok man to Holst. 1800 (Sch. 2, 11).
— Bauernregeln: wenn man G. seit op Viet
(15. Juni), so kriggt man G. as Schiet Hus.
Eid. Vietsgast is Schietgast Ndtm. Viets
G. un Jobs Kohl (25. Juli) deiht („gedeiht“)
ni wohl; vgl. Heim. 2, 265. Lichmess hell
un blank, denn ward Hawer un G. lang FL.
de G. wasst na de Gaar (s. d.) un nich na ’t
Jahr Kollmar. So viele Punkte der Ma
rienkäfer im Frühjahr auf seinen Flügel
decken hat, soviel Mark kostet im Herbst
die Gerste (Fehm.). — Kinder stecken sich
eine Gerstenähre in den Rockärmel und
stoßen den Arm abwärts; dann kriecht die
Ähre vermittelst der Grannen nach oben;
die Kinder rufen dabei: Peter, kruup in,
de Welt vergeit! Dtm. Eid. — Schell-gassen
sind „Graupen“ Dtm. 1800 (Sch. 2, 11). —
Zsstzgen: Gassen-brie m. „gekochte
Gerstengrütze“ Dtm. 1755. — brott n.
„Grannen der Gerste“; s. Brott 2 I, 533.
— eil f. „Granne“ s. I, 1031. — g r ü 11 f.
„Gerstengrütze“; dünne G. „Gerstengrütze
in Buttermilch“ Schw. Sprechübung: Gott
ggf grote Greet gode grawe G. Eid. Hol
lings! (Treene); vgl. Heim. 24, 23. Bock,
Bock, stöt mi nich, G. mag ik nich, Book,
wetengrütt heff ik nich, Hawergrütt krieg
ik nich Schw.; vgl. Bock I, 407. —kaff
n. „Gerstenspreu“, ik kann allens gten,
blots Talligrgben un G. will ni glieden Eid.
— knieper m. „Grauammer“ Fehm.,
„Sperling“ Dw. — k 9 r n n. „Gerstenkorn“.
wo ’n G. liggt dor kann keen Roggenkorn
liggen „man soll vor dem Essen kein Bier
trinken“. Besonders: „kleines Geschwür am
Augenlid“. Mittel dagegen: Man muß das
G. bei abnehmendem Mond mit einem wirk
lichen Gerstenkorn bestreichen und dieses
dann über den Kopf zurückwerfen, sodaß
die Hühner es aufpicken und das Leiden
übernehmen (Gg. v. Lüb.). Oder: man geht
an ein fließendes Wasser und wirft das
Gerstenkorn, mit dem man die Stelle drei
mal bestrichen hat, über die Schulter ins