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Breef — breilos
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Breef (bref), plur. Breef, Breefen u.
Breewen (brevn), auch Breewer, m. (ö. und
n. Ang. Hus.) „Brief“; eigentl. alles Ge
schriebene, namentl. „Urkunde“, „Attest“,
„gerichtliche Citation“. ik will enen B.
nahmen „will jem. citieren lassen“ Dtm.
1755. he hett enen B. ümme em „läßt ihn
vor Gericht laden“ Dtm. 18. Jh. ik heff de
ollsten Breef „ich habe die älteste Urkunde“,
„das beste Recht“ Holst. 1800 (Sch. 1, 149).
Heute nur noch in der Vbdg. ik will em B.
un Siegel dorgiuer geben eigentl. „es ihm
durch gesiegelte Urkunde zusichern“. he
hett B. un Segel, dat man em nich schall
för'n Narrn hemm sonst würde man glau
ben, daß er es sei Holst. 1840. he hett sien
B. mit op'n Stohl vom Prediger, der sein
Konzept mit auf der Kanzel hat. Holst. 1800
(Sch. 1, 149). Jetzt nur noch im ein
geengten Sinn des hd. „Brief“, unbesngden
Breef schickt man an Schelm un Deef Rdsbg.
Hus. Oh. Klafferkatt mutt'n B. vör’t Gatt
Wm. kannst den B. ok Igsen ? fragt man das
Kind, das an einem großen Butterbrot kaut;
vgl. AB S. 10. Abzählreim: en, twee, dree,
veer, fief, süss, söben Beter hett 3 Brefen
schieben, een för mi, een för di, een för
Broder Heineri Kk. Im Hüpferspiel Hinkel
schinkel wird das vorderste nach Art der
Rückseite eines Briefes geteilte Feld Breef
genannt; vgl. Achters u. Botterfatt FL.
Aberglaube: Ein besonders heller Funke am
Docht des brennenden Lichts bedeutet für
den, dem er zugekehrt ist, einen Brief in
nächster Zeit: dor is'n B. an't Licht Wm.
Dtm. Nordfr. Ang. Einen Brief bekommt
man auch, wenn beim Ausdrehen der Lampe
ein Funken herausfliegt (Plön), wenn die
Lampe flackert (Kh.), wenn ein dickes
schwarzes Rußstück an der Spitze des bren
nenden Lichtes sitzt (Oh.), wenn ein Vogel
sich ans Fenster setzt (Schlesw.), wenn auf
dem Kaffee eine Blase schwimmt (Pbg.),
wenn man beim Sprechen zufällig reimt (Oh.
Schw.). Über Himmelsbriefe s. Himmels-
breef; über die Bindebriefe am Peterstage s.
Bast S. 244. Zsstzgen: Breef-baad, —drgger,
—kästen wie im Hd. —martj (mgrdz)
m. „Briefmarder“, spöttische Bezeichnung
für den, der Briefe unterschlägt. Wm. Vgl.
Brewer.
Bregen (brgm), Breen Wm., Brem Dtm.,
Brain Eid. (wie im Fries.) m. 1. „Gehirn“.
he hett nich vgl B. „keinen Verstand“, he
hett B. in Kopp as Kreienschiet „hat immer
dummes Zeug vor“, em sünd de Bregen ver-
tüdert“ „wirr im Kopf“ Storm. FL. he ivard
sik ok noch mal in B. gwersluken vom
überklugen, laut di dat man mal dgr’n B.
gähn „überleg es dir mal“ Bramst. Dann
auch vom ganzen Kopf gebraucht (vgl.
Brggerikasseri): kriggst en an'n B., ik hau
di en an’n B. he stütt sien B. Lbg. he hett
Brie in B., ’n Brett vör'n B. „ist dumm“.
Ein beliebtes Gericht ist beim Schweine -
schlachten Bregen; es wird in der Pfanne ge
braten und mit Pellkartoffeln aus der Pfanne
gegessen. 2. „Adlerfarn“ Pteridium aquili-
num. Ang. (dän. Bragne); vgl. Slangenkruut.
Bregen-fatt n. „Gehirnkasten“, „Schädel“
Holst. 1800 (Sch. 1, 150). Wm. —kästen
(kasn) m. „Schädel“, kriggs en an oder
op’n B. he hett nix in sien B. — k lö
te r i g u. — klüterig adj. „benommen
im Kopf“, „verrückt“, dor kann en ja b.
bi warm. Vgl. —tüderig. —pann f-
„Hirnschale“, „Schädel“ Wm. Sh. Schlesw.
(vgl. Mhff. 2 Nr. 610). —tüterig adj.
„verwirrt“, s. —klgterig, Holst, (vereinz.).
— w u s s f. „Hirnwurst“, Wurst aus
Schweinsgehirn, Brot, Eiern, Zwiebeln und
Gewürz.
breien (brain), älter breiden sw. v.
„stricken“ (mit Stricknadeln), für Eid. 1795
bezeugt und bis in die zweite Hälfte des
19. Jh. üblich, dann abst. (im westl. Eid. be
reits um 1860), sonst nur in Ndtm. und
Schwabst. bekannt, jetzt auch hier er
loschen und durch knütten (s. d.) oder (sel
tener) strichen ersetzt. Hasen brein
„Strümpfe stricken“. Für „Netze häkeln“
noch jetzt breiden FL. — Breihaas m.
„Strickstrumpf“, de Oolsch breit er B. Eid.
Ndtm. (abst.). —nadel f. „Häkelnadel“
für Netze. FL. — school f. „Strickschule“
Eid. (abst.). —scheed m. „Stricknadel“
Eid. (abst.). —wark n. „Strickwerk“,
„Strickarbeit“ Eid. (abst.). — wocken
m. „Pfahl zum Aufhängen des Netzes beim
Breiden (s. o.).
breilos (brai-lös) adj. „hirnlos“, „kopf
los“. Das in Eid. heimische Wort ist von
der dort üblichen (zum Fries, stimmenden)
Form Brein für Bregen (s. d.) „Hirn“ ab
geleitet ; Sch. 1, 149 verzeichnet noch breien-
los; sein breidlos, das er zu engl, bride
„Zügel“ stellt, ist wohl ein Hörfehler. Außer
in Eid. findet sich das Wort noch in Hus.
Nordstr. Stap. Dtm. Wm. Ang., vereinzelt
in Schw. bis Eckf. und bei Rdsbg., in Holst,
ist es sonst nicht bekannt. Von der Grund
bedeutung „hirn-, kopflos“ aus entwickeln
sich verwandte Bedeutungen wie „verrückt“,
„sinnlos“, „zügellos“, „wild“, „widerspen
stig“, „draufgängerisch“, „plump“, „tollpat
schig“, „ungeschlacht“, „ausgelassen“, „al
bern“ (bes. Ang.). he is so b. as’n kopp-
los Hgn Eid. dat Perd is b. „unruhig“.
he geit allerwggens so b. op dal „ohne Über
legung“. he is ’n ganz breilosen Gast „zu