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Behoov — beiern
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be-holen, —höd. —hoov, —höv (Sch.
1, 86) n. „Behuf“, „Bedürfnis“, sien B.
doon „Notdurft verrichten“ Eeinb. (18. Jh.)
Wm. (seit.); s. behöwen. —höd adj. „be
hutsam“, auch „behende“ Holst. 1800 (Sch.
1, 86); vgl. behoold. —höden „behüten“,
„beschirmen“ Bgth. Wm. Wohl kaum noch
volkstüml., s. bewahren. Verwunderungs
formel: behöd un bewghr „Gott möge uns
bewahren“ Holst. 1800 (Sch. 2, 143).
— hödsgottaftig adj. „sentimental“,
„schwerfällig“, eig. einer, der mit der Ka.
behöd uns Gott „behaftet“ ist. Wm. —hpgt
(zu hggen), —hpglich adj. „froh“,
„freundlich“ Dtm. (1850). — h p w e 1 n „be
hobeln“, oft in übertragener Bdtg., s. be-
haun. — h ö w e n „bedürfen“, „nötig haben“
Holst. 1800 (Sch. 1, 87. 2, 165), s. Behoov,
höicen. Pollwichel un Grootmuul behövet
all dree Johr Hau „dem Prahlhans müssen
(wie den Weidenbäumen) von Zeit zu Zeit
die Flügel gestutzt werden“ Holst. (1840).
Nettein behövt keen Swien „die Nesseln
bedürfen der Schweine nicht“, ihretwegen
braucht es sie nicht zu geben. Holst. (1840).
— huken blieben. he blifft dormit b.
„bleibt damit sitzen“, „kann es nicht wieder
los werden“ Schw.; s. behängen. — hü -
pen, —hü p ein „behäufeln". Kantüffeln
b. Kohl muß an einem Freitag behüpt wer
den, sonst gedeiht er nicht (Kh.). —hüp-
p e n „bespringen“, „begatten“. — h ü s e n ,
— hüsigung (Elmsh. 1860) f. „Behau
sung“, „Haus“ Dtm., s. Ilüsen.
Bei, früher B e i e und B e j e (1800) f.
„Beere“ Dtm. Sschl. Eid., vgl. fries. bei.
Meist im Plur. Bein, bes. in Zsstzgen wie
Ahl-, Stick-, Kass-bein, s. Ber. Bein
hoff m. „Garten, in dem vorwiegend
Johannis- und Stachelbeeren stehen“ Dtm.
beid (bai) pron. subst. u. adj. „beide“,
flektiert beiden (bain); neutr. beides nicht
gern gebraucht, dafür beid-deel (baidel):
ik hefl b., gude un siechte; mien Breef, dat
kann b. fielen, en Breef van mi un en Breef
an mi Dtm. (Klaus Harms 1813), oder häu
figer im Plur.: he hett mi bei Delen ggben;
auch umschrieben durch bei Slag u. ähnl.
gunn Dag, ji beiden Gruß, wenn man 2 Per
sonen begegnet. Wm. Has. beid lick stark,
sä Peter Böder, don slög he sik mit’n Back
trog un legen bald beid op de Eer Neust.
kolen (un nalten) Mai füllt Huus un Schün
(all) beid. Trinklied: ik un du un wi twce
beiden, wi wüllt den Buurn dat Fell vernein
(oder als Spottreim: . . . . beiden wulln mal
an dat Orgeldrein, du mit dien x’erdammte
Bass, bliev mi vun de Orgelkast Ndtm. seit.).
he hett sien beiden besten Pf.r verköfft.
Zsstzgen: Beider-lei, —wand.
ßeidenfleth (bainfled) Dorf in Wm. en
B—er Foor sprichwörtl. für einen stark mit
Menschen besetzten Wagen. Den Zuruf ji
B—er empfinden die B—er als Verspottung.
Beiderlei (baialai) n. „Zwitter“ bes. bei
Schafen. Stap. Schwabst., s. twiefarrig.
Beiderwand (bavavand), Bei wand
(Itz. Bramst. seit.), Beiewand (Ang.
abst.), Bedderwand (s. d.) m. u. n.
„Beiderwand“, wörtl. „aus zweierlei Stoff“,
ein in der Hausweberei mit 3 Kämmen her
gestelltes, meist gestreiftes Gewebe aus
Leinen mit wollenem Einschlag, „das ge
wöhnliche Tuch, so die Bauern tragen“
Beinb. 18. Jh.; s. wgben. Die aus diesem
Zeug hergestellten Böcke hießen Beierwand-,
Beierwands-, beierwandschen, auch egen-
reed'ten oder —maakten Rock, mit dem Auf
hören der Hausweberei aus der Mode ge
kommen, in jüngster Zeit aber wieder viel
getragen, se hangt sik vgrdig Elen B.
gwer de Nack „sucht ihre häßliche Gestalt
durch reiche Kleidung zu verbergen“ Bramst.
(seit.). Fiefkamm un B. höllt en Minschen-
Igben lang Mh. B. un Dreetritt maafct de
Geestlüd gm Staat mit Dtm. In dem Orakel-
Kartensp. Hartenlena sucht man zu erfahren,
welche Kleidung man bei der Hochzeit
tragen wird und fragt: Samt, Sied, B.,
Kattun? Im Spruch gegen Verrenkung der
Hand: ik stek mien Hand dörch 't Beier
wand (gewöhnlicher Iigtelband), dormit still
ik den Ilnarrbrand (Gg. v. Lübeck). Im
Kinderlied (s. Wgwer): laat den lütten
Wewer Igben, he kann so schönen B. wgben
(Pbg.) oder in einer anderen Fassung: mit
den besten B. reist he dörch dat ganse Land
(Heist.). — Da B. nur von Bauern und
Mägden getragen wurde, wurde es als
minderwertig angesehen: laat er man gähn
mit gm ulln B. Wm. So kommt es zur
Bdtg. „Plunder“, „unbrauchbares Zeug“ FL.
So heißt es am Schluß des politischen Spott
liedes wat is den Dän sien Vaderland nach
Aufzählung der Teile Dänemarks: dat is
de ganse B., dat is dat hele danske Land.
Vgl. Modersprak 4, 66. Sogar von einem
einzelnen Menschen wird verächtlich gesagt:
en Beiewand vun Kerl „Lump“, „minder
wertiger Kerl“ Ang. (abst.).
Beien (baian) Warnruf beim Glitschen
und Schlittenfahren. Lbg. Vgl. Balm.
beiern (baian) sw. v. 1. „die still
hängende Kirchenglocke mit dem Klöppel in
schneller Folge leicht anschlagen“, sodaß ein
rhythmisches Geläute mit an- und abschwel
lenden Tönen entsteht. Beim Läuten wer
den die Glocken, beim B. wird nur der
Klöppel bewegt; s. Groth 3, 115 und Clau
sen, Kirchl. Sitten in Eid. (1910) S. 8. dat