Full text: (Erster Band)

Einleitung. 
1. Geschichte des Wörterbuchs. Am 9. November 1902 bildete sich 
in Kiel auf Anregung des Professors der Germanistik Friedrich Kauffmann 
ein Ausschuß zur Herstellung eines Schleswig-Holsteinischen Wörterbuchs. 
Das Ziel war von vorneherein weit gesteckt. Im Wörterbuch sollte die 
Geschichte der Sprache und Sitte unseres Landes dargestellt 
werden. Sprachwissenschaft und Volkskunde, Wörter und Sachen sollten 
gleichmäßig Berücksichtigung finden. Jedes in Schleswig-Holstein boden 
ständige Wort sollte im Wandel seiner Form und Bedeutung sowie in 
seinen syntaktischen Beziehungen von den ältesten uns erreichbaren 
Quellen durch die Jahrhunderte bis in die heute lebende Volkssprache ver 
folgt, jeder Brauch auf seine älteste nachweisbare Form zurückgeführt und 
in seiner heutigen Geltung beschrieben werden. Zu diesem Zweck mußte 
alles, was je in niederdeutscher Sprache in Schleswig-Holstein geschrieben 
oder gedruckt ist, auf seine bodenständigen und volkstümlichen Bestand 
teile untersucht werden. Diese Aufgabe konnte am Schreibtisch, in den 
Bibliotheken und Archiven bewältigt werden. Wichtiger und dringlicher 
war die zweite Aufgabe: die Sammlung und Aufzeichnung des heute 
lebenden oder im Absterben begriffenen volkstümlichen Gutes in Sprache 
und Sitte. Mit Sorge mußte nicht bloß den Freund der Heimat, sondern 
auch den wissenschaftlichen Beobachter die Tatsache erfüllen, daß die 
Reinheit der plattdeutschen Volkssprache selbst in bäuerlichen Gegenden 
durch Eindringen hochdeutscher Bestandteile immer mehr getrübt wurde 
und daß altehrwürdige Gebräuche echt niederdeutschen Gepräges unauf 
haltsam dahinschwanden. Was man auch ins Auge faßte: heimische 
Sitte bei Volks- und Familienfesten, die Bauart des ländlichen Hauses, 
unsere Volkstrachten, die Spiele unserer Kinder, den Volksgesang 
überall zeigte sich derselbe Rückgang. Alles das durfte nicht zu Grunde 
gehen, ohne wenigstens für die Wissenschaft gerettet zu werden. 
Die Riesenarbeit einer möglichst vollständigen Sammlung des ein 
schlägigen Stoffes konnte nicht von einzelnen Personen geleistet werden; 
es galt eine umfassende Organisation zu schaffen, die alle Schichten der 
Bevölkerung in Stadt und Land, alle Lebensalter, Männer und Frauen 
jeden Standes und Berufs zu tätiger Mitarbeit heranzog. Zu diesem Zweck 
versandten wir noch im November 1902 einen Aufruf zur Mitarb eit 
a n einem Schleswig-Holsteinischen Wörterbuch, in dem 
wir unsern Plan auseinandersetzten und unsere Landsleute aufforderten,
	        
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