Theodor Kuhlgatz, Untersuchungen über die Fauna der Schwentinemündung.
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In einer Flussmündung treten derartige Verschiedenheiten der Existenzbedingungen einmal in der Quer
richtung, von Ufer zu Ufer, auf und dann in der Längsrichtung vom Oberlauf bis zur Mündung.
Von Ufer zu Ufer wird man bei grösseren Flüssen eine ähnliche Eintheilung in Regionen vornehmen
können, wie Apstein sie für Süssvvasserseeen anwendet, in die litorale oder Uferregion, in eine zweite, — für
Seeen — die limnetische genannte Region und in die Tiefenregion. So hat auch Fr. Dahl [13. p. 173—180]
in seinen Untersuchungen über die Fauna der Unterelbe Unterschiede in der Fauna in ähnlichem Sinne konstatirt:
für die zeitweise trockene Uferzone, für die stark strömenden Schichten des mittleren Gebietes und für den salz
haltigeren Tiefenstrom.
Eine solche Unterscheidung verschiedener Regionen von Ufer zu Ufer ist in der Schwentinemündung in
Bezug auf Tiefe, Druck des Wassers, Lichtintensität überhaupt nicht, bezüglich der Strömung und Wellenbewegung
nur in beschränktem Sinne möglich. Die einzigen Faktoren, die eine Eintheilung in eine Ufer- und Tiefenregion
andeuten, sind Vegetation und Bodenbeschaffenheit. Ein Wasserbecken von nur 5 m Tiefe im Maximum lässt
keine solche Verschiedenheit im Druck des Wassers aufkommen, dass dadurch die Fauna beeinflusst würde; denn
der Spielraum beträgt nur 1—1,5 Atmosphären. Die Durchwärmung des Wassers ist aus demselben Grunde
nicht etwa nur in der Uferregion sondern überall einer erheblichen Schwankung ausgesetzt, und die Intensität des
Lichtes wird bei einer so geringen Tiefe keinen derartigen Grad von Verschiedenheit erlangen, dass daraus ein
merklicher Einfluss auf die Fauna resultiren könnte. Die Strömung ist allerdings in der Mitte des Flussbettes
stärker als am Rande. Da aber diese überhaupt grossen Schwankungen ausgesetzt ist, je nachdem die Regulirung
an dem Mühlenwehr eine grössere oder geringere Süsswasser-Menge Zuströmen lässt, so erhalten zwar die Ufer
regionen im günstigsten Falle das absolute Minimum des an Strömung in dem Flusse Möglichen, im ungünstigsten
Falle aber einen Grad von Strömung, der unter anderen Verhältnissen schon in der Mitte des Flusses ein Maximum
darstellt. — Bezüglich der Wellenbewegung, soweit sie vom Wind abhängig ist, wird man immerhin einen Unter
schied zwischen Mitte und Uferregion machen können; aber nur insofern, als jedesmal die auf der Luvseite
gelegenen Uferpartien einen Schutz durch das Land erfahren. Um festzustellen, ob die daraus resultirende
Intensitätsverschiedenheit der Wellenbewegung eine Einwirkung auf das Vorkommen der Thiere hat, ob sich die
Copepoden an Tagen stärkerer Wellenbewegung in ruhigere Uferregionen ziehen, wurde in der zweiten Hälfte
des Jahres für jeden Exkursionstag die Windrichtung notirt.
Der Untergrund der Schwentinemündung besteht gleich dem der Kieler Bucht in der Tiefe durchweg
aus Schlick. Eine Uferregion kommt nur dort zu Stande, wo sich das Flussbett ganz allmählich senkt. Aber
im Allgemeinen haben die anliegenden Werften und vor allen Dingen die Mühlenverwaltung dafür gesorgt, dass
bereits am Ufer eine relativ erhebliche Tiefe zu finden ist. Sanfter steigt das Flussbett an am NNE-Ufer zwischen
D und M in Gestalt einer breiten sandigen Bank, dicht bestanden mit Phragmites communis, das in dem seichten,
salzarmen Wasser der Schwentinemündung die Stelle von Seegras vertritt und erst in tieferen Regionen mit
Sandboden diesem Platz macht. Dieser Sandbank gegenüber am Südufer schneidet eine ebenfalls sandige und
mit Rohr bewachsene Bucht in das Land ein. Nahe der Mündung schon auf der Höhe der dem Ufer genäherten
Station B 2 geht der Schlickuntergrund nach beiden Ufern zu in Sand über, während sich der Schlick der Tiefen
rinne bis nach B* hin fortsetzt. Häufig sind Ulva lactuca und rothe Algen.
In der Längsrichtung des Flusses von der Mühle bis zur Mündung ist der einzige veränderliche Faktor
der Salzgehalt. Ueber Salzgehalt und Temperatur an der Oberfläche und in der Tiefe an jeder der fünf Stationen
von März 1894 bis Mai 1895 giebt die umstehende Tabelle Aufschluss: