Full text: (1925/26)

  
  
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dauernder Streitigkeiten zwijchen dem Gottorper Her30g 
und dem König von Dänemark. Sie wurden verfchärft 
dadurch, daß die beiden Herren im nordifchen Kriege 
Gegner waren, indem der Gottorper Herzog auf der Seite 
von Dänemarks Feinden, den Schweden, {tand. Die 
Einzelheiten diejfer langen Kämpfe, die der eurvopäifchen 
Sejchichte angehören und in denen die Stadt Kiel oft 
und Jhwer zu leiden hatte (1657 nahm der Schweden: 
fönig Karl Gufjtav, Herzog Friedrichs, IN, Schwiegers 
john, mit fünf Regimentern in Kiel Quartier), fönnen 
hier nicht vorgeführt werden. Das Ende der Entwicklung 
war, daß der dänijhe König im Yahre 1720 die Abtretung 
des Gottorpijhen Teil® von Schleswig an Dänemart 
erzwang. Damit hörte Gottorp auf, die Refidenz des 
Herz0g8 3u fein, und diefer Vorzug fiel nunmehr der 
Stadt Kiel zu. 
Herzog Karl Friedrich, Chrifjtian Albrecht? Enkel 
und Schwiegerfohn Beters des Großen, von Rußland, 
. hatte lange in Rußland gelebt. Ein großer Fefjttag 
war daher für Kiel der 24. Auguft 1727, al® Herzog 
Karl Friedrich und feine junge Gemahlin Anna VBetrowna 
bier ihren Einzug hielten. Hier in Kiel hat dann die 
Herzogin im Yahre 1728 ihren Sohn Karl Beter Ulrich 
geboren, ijt aber jelbjt ein Vierteljahr darauf, faum 
21 Jahre alt, geftorben. Bis 1739 hat Karl Friedrich, als 
der legte angejtammte Nielijdhe Herzog, der in perfüns 
lichen Beziehungen zu feinem Lande geftanden bat, 
bier refidiert, lebhaft intereffiert für Rirchen- und Schul» 
wejen, für Militär und Theater. 1739 itarb er und 
liegt in der BVordesholmer Klofterfirche begraben. 
Der Sohn Peter wurde von feiner Tante, der Kaiferin 
Clijabeth von Rußland, 1742 zum SGroßfürften-Thron- 
folger von Rußland erflärt. Er wurde jpäter ruflijcher 
Kaifer und der Gemahl der großen Kaijerin Katharina I; 
die ihn 1762 ermorden ließ. So war nun aus der 
Familie der Kielijchen Herzöge das ruffifche Kaiferhaus, 
das Herzogtum Holitein-Gottorp zum Nebenland des 
rufliidhen Reichs geworden. Sn Kiel wurde die Re: 
gierung des Stammlandes von einem Geheimen Re 
gierungSfonjeil geführt, das jeinen Sig im Bieler 
Schloffe hatte. Nach Beters-III. Tod im Yahre 1762 hat 
zwar die Kaifjerin Katharina II. ih noch bin und wieder 
um $iel gefümmert; in den 1760 er Hahren Kieß fie durch 
den Hamburger Baumeijter Sonnin das Schloß umbauen, 
jeitdem hat e8 feine alte malerijche Gejftalt verloren. 
Für die Univerfität hatte die Stadt 1665 die 
ehemaligen Gebäude des Franzisfanerflofjter8 am 
Kleinen Kiel hergegeben, Hundert Hahre lang hatten 
dieje Fümmerlidhen Räume genügen müjfen. Die 
Kaijerin Katharina baute 1768 neben dem Schloß der 
Univerfität ein neues Heim, das jeßige Mufjeum 
baterländijcher Altertümer, das dann weitere hundert 
Hahre den Zweden der Univerfität gedient hat. 
Sonft findet man in Kiel kaum etwas, was an die 
*uifijche Zeit erinnert. ANmäbhlich erlofch in Moskau 
Und Betershurg das Interejje an dem holiteinifichen 
tammlande, und fo ging Holitein-Gottorp mit Kiel 
WStaufch gegen Oldenburg-Delmenhorit an Däne- 
  
  
marf über; in einem feierlichen Afte im Kieler Schloß 
übertrug am 16. November 1773 der ruffijhe Brinzipal- 
Kommiffarius Kafjpar v. Saldern das Land dem neuen 
Herrn. Damit beginnt die dritte Berivde in der Ge 
ihichte der Stadt. 
Die jeßt beginnende enge Zugehörigfeit Riel8 3u 
einem unmittelbar benachbarten größeren Staat i{t für 
unjere Stadt auf 3ahlreihen Gebieten in hohem Grade 
fördernd gewefen. Handel und Gewerbe hoben fich, es 
entjtanden allerband induftrielle Unternehmungen, die 
Univerfität blühte ichtlich auf; Furz, überall regte fich 
neues Leben. Zu Feiner Zeit find in Kiel im Laufe 
weniger Jahrzehnte fjoviel Neuerungen auf allen möög= 
lien Gebieten gefhehen wie damals. Jh will die 
wichtigiten nur furz aufzählen: 1776 entjtand die erfte 
Zeitung in Kiel, die Kielijchen gemeinnüßigen Nach» 
richten, 1780 wurde ein Lehrerjeminar errichtet, das 
1781 mit dem damals eröffneten Muhliusichen Waifen- 
Haufe vereinigt wurde, das 1789 die Jogenannten 
Damperhofländereien erwarb und 1834 nach Gegeberg 
verlegt wurde. 1780 wurde eine itändige wöchentliche 
Schiffsverbindung 3wijcdhen Kiel und Kopenhagen eins 
gerichtet, die Vorläuferin der jeßigen Riel—Ror8ör 
Linie, und 1784 der Schleswig-Holiteinijhe Kanal 
3wijdhen Nord: und Oftfee vollendet. Die ehedem bes 
rühmte Fayencefabrif auf dem Schnafenkrug, dicht 
bei dem jebigen Thaulow-Mufeum, erreichte ihre 
höchfte Blüte, ging aber 1788 ein. Vrofelfor Weber 
errichtete das erite Kranfenhaus nach modernen Grunds 
Jäßen, aus dem Hahre 1786 ftammt die Anlage der 
Forftbaumfchule, 1793 wurde die Stadtfchule verbeifert, 
in demfjelben Yahre die SGejelichaft freiwilliger Armen: 
freunde gegründet, in Verbindung damit 1796 eine 
Sparfafje und 1799 eine Leihkaffe, zwei für Kiel uns 
erhörte Neuerungen. 1799 entjtand das Taubjtummen- 
Hnftitut von Georg Wilhelm Pfingiten. Kiel war am 
Ende des 18. Yahrhundertz tatjächlich der Mittel 
punft der Herzogtümer, von dem das geiftige und das 
metallijcdhe Leben diejer Länder ausitrömte und wohin 
e8 3zurücfehrte. 
So große Vorteile der Stadt Kiel die Verbindung 
mit Dänemart gebracht hatte, fo mußte die Stadt doch 
auch all die Nachteile empfinden, die die KriegSjahre 
3u Anfang des 19. Jahrhunderts brachten. Bis 1807 
hielt die hohe Blütezeit in Handel und Wandel an, 
nachdem zwijchen England und Dänemark 1801 Friede 
gejchloffen war. Aber wie Handel und Wandel feit 
1807 zugrunde gerichtet wurden, war ähnlich, wie wir 
e$ in Ddiejen leßten Yahren erlebt haben. Und zwar 
ebenfall® durch England und außerdem durch die Kon- 
tinentaljperre. 1806—1807 hatte der Kronprinz von 
Dänemark, der 1808 König Friedrich VI. wurde, fein 
Hauptquartier in Kiel, und Kiel wurde wieder einmal 
nach) langer Zeit eine Art Refidenzjtadt. Dieje An- 
wefjenheit der fronprinzlichen Familie hatte für Kiel 
eine noch) heute fichtbare Folge, die Anlegung des 
Düjternbroofer Weges. Als Gegengejhent legte die 
Stadt den Marienhain an und errichtete für Die 
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