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und auch bei seinen Mitarbeitern und Schülern den gleichen
Geist gepflegt. Er hatte einen scharfen Blick für das Wichtige
in den Dingen und einen leidenschaftlichen Wahrheitstrieb,
der ihn in jüngeren Jahren zu manchen Zusammenstößen
und Schroffheiten veranlaßte, ihn aber gerade nur die Sache
im Auge behalten ließ und niemals zu persönlicher Gehässig
keit führte. Diese Eigenschaften schufen ihn zu einem be
sonders wirkungsvollen akademischen Lehrer, der die Heran
bildung der Studierenden zu tüchtigen Ärzten als eine ideale
Lebensaufgabe betrachtete. Gerade in einer Zeit der immer
schärfer durchgeführten Spezialisierung und der immer
mächtigeren Einwirkung der Technik sah er es als Haupt
aufgabe des Vertreters der inneren Medizin an, die all
gemein-physiologische und pathologische Ausbildung der
Studierenden in den Mittelpunkt zu stellen und Ärzte zu
erziehen, die auch in dem abnutzenden Getriebe täglicher
handwerksmäßiger Arbeit biologisch fest und wissenschaft
lich denkend und handelnd bleiben. Ebenso stark betonte
er aber auch die menschliche Seite der ärztlichen Tätigkeit
und gab selbst durch die warmherzige und bei aller Be
stimmtheit gütige Art und die ruhige Heiterkeit seines
Wesens das beste Beispiel. Er war ein begeisterter und
inniger Kinderfreund und Freund der Jugend, was auch in
seinem Verkehr mit der studierenden Jugend zum Ausdruck
kam, die in ihm mehr den Freund und Berater als den
Lehrer und Erzieher sah. Gerade diese Eigenschaften, die
Lüthje mit Entschiedenheit und Tatkraft einträchtig zu ver
binden wußte, schufen ihm allgemeine Beliebtheit im Kreise
seiner Fach- und Amtsgenossen und weiteren Kreisen der
gesamten Bevölkerung Schleswig-Holsteins, die den großen
Verlust, den die Universität durch sein frühzeitiges Hin
scheiden erlitten, noch lange mitempfinden werden.