Anhang.
Gedächtnisrede auf Siegmund Schloßmann
gesprochen
bei der akademischen Trauerfeier in der Universitätsaula
am 6. Dezember 1909
von
Theodor Niemeyer.
Goethe läßt die Exequien Mignons mit den Worten schließen :
»Schreitet, schreitet ins Leben zurück! Nehmet den heiligen Ernst
mit hinaus, denn der Ernst, der heilige, macht allein das Leben
zur Ewigkeit!“
Wir hörten diese Worte aus Freundesmund am Grabe Sieg
mund Schloßmanns, den am 2. Juli dieses Jahres der Tod
uns genommen hat und dessen Andenken uns heute versammelt.
Ich weiß diese Feier nicht besser als mit jenen Worten an die
Trauertage des Juli anzuknüpfen, welche unserer Universität so viel
Kostbares nahmen.
Mit gültigeren Worten als jenen Goetheschen kann der heilige
Ernst des Mannes, sein sittlicher Wert nicht ausgedrückt werden ;
und wenn wir versuchen wollen, uns das Bild des von uns ge
schiedenen Kollegen zu vergegenwärtigen und einzuprägen, so gibt
jenes Wort dem Bilde sein feierliches Licht.
Es ist nicht der Glanz eines weltberühmten Gelehrtennamens,
nicht der Schimmer ungewöhnlicher äußerer Erfolge, es ist auch
nicht der Zauber einer blendenden und fortreißenden Persönlichkeit,
wodurch die Grundfarbe des Bildes bestimmt wird, das so klar
und fest vor uns steht. Und ist doch kein Zweifel: Wir haben
einen Gelehrten, Kollegen und Freund verloren, dessen Wert
unersetzlich und unvergänglich ist.
Heiliger Ernst gab seiner Persönlichkeit und seiner Arbeit das
Gepräge. Ehrlichkeit, Tüchtigkeit und Echtheit waren seine Grund
eigenschaften. Aber doch mehr! Der Wert seiner Lebensziele, die
Bedeutung seiner wissenschaftlichen Arbeit, sein eigenartiger Anteil