Full text: (1908/09)

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bei vielen Operationen gefährdende, schwere Verluste an Blut. 
Unnötigen Verlust, wie Esmarch mit Kummer sagte und empfand, 
der mit der Schwere des Eingriffs oft in keinem Verhältnisse stand. 
Diesen Übelstand bei einer großen Zahl von Operationen zu 
beseitigen und dadurch lebensgefährliche Eingriffe zu erleichtern 
resp. zu ermöglichen, hat nun Esmarch uns gelehrt durch die 
berühmte Methode der künstlichen Blutleere. 1873 teilte 
er sie auf dem Chirurgenkongreß mit. Er zeigte, daß es möglich 
ist, durch Umschnüren mit einem Gummischlauch das strömende 
Blut von dem zu operierenden Gliede abzusperren, und noch mehr, 
daß man vorher durch fortlaufende Umwickelung mit Gummibinden 
das Blut in den Körper zurückdrücken kann, so daß man tatsächlich 
fast blutleer operiert. Hatte man früher durch Anwendung von 
Tourniquets, Pelotten und Digitalkompression einzelner großer 
Arterien schon ähnliche Resultate angestrebt, so hat uns erst Esmarch 
mit dieser Methode die in seiner Klinik gefunden und von ihm 
ausgebildet wurde, ein sicheres und gefahrloses, besonders bei 
Extremitätenoperationen anzuwendendes Verfahren geschenkt. Die 
neue Kunst verbreitete sich alsbald mit ähnlicher Geschwindigkeit 
über die ganze Welt, wie einstens die Narkose, um nie wieder ver 
gessen zu werden und auch kommenden Geschlechtern Esmarchs 
Namen zu überliefern. Übrigens ist die Absperrung des zuströmenden 
Blutes so einfach und allgemein verständlich, daß sie auch in 
Laienkreisen bekannt, vielfach mit lebensrettendem Erfolg bei Ver 
blutungsgefahr angewandt worden ist. Im Laufe der Jahre hat 
Esmarch das Verfahren immer zweckmäßiger und einfacher gestaltet 
und hat die große Freude erlebt, daß eine Reihe wichtiger neuer 
Behandlungsmethoden die Stauung, die Autotransfusion und vielfache 
technische Kunstgriffe ihren Ausgangspunkt von der Blutleere 
genommen haben. 
Esmarch hat auch noch auf manchen anderen, für die Chirurgie 
hochwichtigen Gebieten eifrig mitgearbeitet und fördernd gewirkt. 
Zu dem Problem der Entwickelung des Carcinoms, seiner Erkennung 
und Bekämpfung, lieferte er wertvolle Beiträge. Er betonte immer 
wieder, wie ausschlaggebend für den Erfolg einer Operation die 
frühzeitige Diagnose des Leidens ist, und in seinen Vorträgen unter 
dem Titel „Principiis obsta“ mahnte er eindringlich, nichts auf 
zuschieben, sondern den Leiden bei Beginn ihrer Entwickelung 
energisch entgegenzutreten, was nicht bloß für die bösartigen 
Geschwülste, sondern auch für eine ganze Reihe anderer Krankheiten 
zu gelten habe.
	        
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