Bi
z. B., WO nach verhältnismäßig guten Resultaten der Wundbehand
lung eines Tages durch Zuzug einer größeren Zahl Schwerver
wundeter die Pyämie, das Eiterfieber, eingeschleppt wurde und nun
eine solche Menge von Kranken in kurzer Zeit dahinraffte, daß alle
Ärzte in Verzweiflung gerieten. So starben damals, bis auf einen,
alle am Oberschenkel Amputierten.
Die schwerste Zeit für die Chirurgie war der Beginn der 60 er
Jahre. Zwar lernte man allmählich durch allerhand chemische Mittel
und durch die offene Wundbehandlung etwas bessere Erfolge er
zielen. Aber die Heilung beanspruchte bei diesem Verfahren eine
sehr lange Zeit, und die geschwächten Patienten ertrugen das lange
Krankenlager schwer. Auch Esmarch hat damals Versuche gemacht,
die Wunden mit Lösungen von verdünnter Salzsäure zu behandeln
und kam damit zu relativ befriedigenden Resultaten. Aber noch
vergingen einige Jahre, bis der größte Umschwung, den je die
Chirurgie erlebt hat, sich vollzog, bis die Erlösung für die Kranken
und die Ärzte kam durch Listers unsterbliche, welt
bewegende Entdeckung, die antiseptische Wund
behandlungsmethode. Sie ist die Basis, auf der wir heute
noch stehen und weiter bauen, der Tausende und aber Tausende von
Menschen Leben und Gesundheit zu verdanken haben, und es ist
sicher ganz nach Esmarchs Sinne, wenn ich es auch heute aus
spreche, daß kein Chirurg die Gelegenheit vorübergehen
lassen soll, sich zu neigen in verehrungsvoller Dank
barkeit vor Joseph Lister!
Esmarch ergriff die neue antiseptische Wundbehandlung mit
heller Begeisterung, und wir sehen ihn alsbald nach Edinburg eilen,
um bei Lister selbst die Einzelheiten des neuen, komplizierten Ver
fahrens zu erlernen. Er wurde ein eifriger Anhänger der Antisepsis
und pries sich glücklich, diese segensreiche Wandlung miterlebt zu
haben. Die originale Listersche Methode erwies sich aber bald als
zu umständlich, und Esmarch ging schon nach kurzer Frist daran,
sie zu modifizieren und weiter auszubilden. Und wieder ist es ein
Zeichen seines klaren, scharfen Verstandes, daß er einer der ersten
war, der ihre Widersprüche und Mängel erkannte und das starre
Prinzip der Antisepsis durchbrach. Und er tat das zu einer Zeit,
wo die Mehrzahl seiner Berufsgenossen noch festhielt an den
alten antiseptischen Maßnahmen.
Die Narkose erleichterte die Schmerzen die Antisepsis
bannte die Infektionsgefahr, aber immer noch erlitten die Kranken
6