75
23jährigen Studenten, aus der Schar seiner Kameraden heraus zu
seinem Assistenten. Nur zwei Jahre war er bei Langenbeck, aber
dessen feines und, wo nötig, energisches Operieren, der damals
ganz moderne, konservative Zug in seiner Chirurgie, die berühmten,
schonungsvollen Operationsmethoden haben nachhaltig auf Esmarchs
chirurgische Technik und Anschauungsweise gewirkt. Er legte selbst
den größten Wert darauf, Langenbecks Schüler zu heißen, und
sprach es wiederholt aus, daß dieser ihn in jeder Beziehung auf
das beste angeleitet habe. Langenbecks Nachfolger, Strohmeyer,
nahm Esmarch, auf seines Vorgängers warme Empfehlung hin,
sofort zum ersten Assistenten, und auch hier wurde er wieder auf
das günstigste beeinflußt. Auch Strohmeyer war ein ausgezeichneter
Chirurg, nicht von so grundlegender Bedeutung wie Langenbeck,
aber von ganz außerordentlichem organisatorischem Talent und
schärfstem praktischem Blick.
Waren diese beiden Lehrmeister für Esmarchs chirurgische
Laufbahn von allerglücklichster Vorbedeutung, so war es nicht
weniger wertvoll für seine Entwickelung und Ausbildung, daß er,
als angehender Chirurg, mitten in die Kriegszeiten hineinkam, die
Ende der vierziger Jahre Schleswig-Holstein heimsuchten.
Man muß sich nur vorstellen, wie eng gezogen der Kreis der
Chirurgie damals noch war, der die Narkose fehlte zur Schmerz
stillung während der Operation, und die ohne Antiseptik wehrlos
allen bösen Zufällen bei der Wundheilung preisgegeben blieb.
Die Chirurgie war damals also mehr eine heilende als eine
operative, eine Chirurgie der Verletzungen und Notfälle; Eingriffe,
die jetzt für gering gelten, waren wegen der furchtbaren Infektions
gefahr ausgeschlossen. Infolgedessen blieb das Material, an dem
die jungen Leute sich ausbilden konnten, beschränkt und klein.
Kriegszeiten aber brachten dann eine ungeheure Steigerung der
Tätigkeit und Lehr- und Lernmaterial die Menge; eine Epidemie
der Verletzungen hat der berühmte russische Chirurg Pirogoff den
Krieg genannt. So ist es auch erklärlich, daß man gemeinhin den
Chirurgen danach einschätzte, ob und wieviel Kriege er mitgemacht
hatte. Man glaubte daraus auf seine technischen Fähigkeiten
schließen zu dürfen. Und von diesem Standpunkte aus darf man
es wohl nicht anders als ein großes Glück bezeichnen, daß Esmarch
in Kriegszeiten seine Laufbahn begann. Diese Erlebnisse und
Erfahrungen haben lebhaft und nachhaltig gewirkt. Esmarchs kriegs
chirurgische Interessen und alles, was damit im engeren und