Full text: (1906/07)

Und so ist es kein Zufall, daß sich für Seelig an seine 
wissenschaftlichen Arbeiten unmittelbar praktische Beschäftigungen 
knüpften. 
Seine Schrift über den Zollvereinsanschluß war die 
Veranlassung, daß er von der damaligen Statthalterschaft mit der 
Errichtung und Leitung des statistischen Bureaus in 
Holstein betraut wurde. Es ist uns von kompetenter Stelle bezeugt, 
daß er dies mit entschiedenem organisatorischem Talente durch 
geführt und alsdann in die preußische Verwaltung übergeführt hat. 
Sodann — seine agrarischen wissenschaftlichen Leistungen 
machten ihn selbst zum praktischen Agrarier — dort in seinem 
Garten am Schwanenweg, den er zu einer kleinen Musterwirtschaft für 
Gartenkultur und Obstzucht umgestaltete. Von da aus hat er, der 
Ehrenpräsident des Vereins der deutschen Pomologen den maß 
gebendsten Einfluß auf die Gartenpflege und Obstzucht in Schleswig- 
Holstein, auf das einschlagende Vereins- und Zeitschriftenwesen 
ausgeübt. Seine zahlreichen Beiträge in der schleswig-holsteinischen 
Zeitschrift für Obst- und Gartenbau hat er erst in der diesjährigen 
Juninummer abgeschlossen. 
Und gerade hiermit rundet sich das Bild des Gelehrten 
Seelig ab — ein Bild, das wir deutschen Professoren nur zu 
leicht geneigt sind, zu unterschätzen: Die Verschmelzungtheoretischen 
und praktischen Könnens, die allerdings bedingt ist durch ein engeres 
Arbeitsfeld, das der eigensten Erfahrung und dem persönlichen 
Eingreifen zugänglich bleibt. 
Und dennoch — noch über dieses enge Arbeitsfeld hinaus 
sollte und mußte sich Seelig bewähren. 
Auch er wie Alle, die der älteren und ältesten Generation 
angehören, wurde verflochten in jene gewaltige historische Ent 
wickelung, die dem deutschen Volke sein oberstes und höchstes 
Recht endlich nach 600jähriger Zerrüttung gewähren sollte, sein 
Recht auf ein einheitliches nationales Staatswesen. 
Als er im Herbste 1854 sein Amt antrat, traf er auf einen 
niedergetretenen Volksstamm. Nicht Dänemark, die deutschen Groß 
mächte hatten den Schleswig-Holsteinern die Waffen vom Leibe 
gerissen, sie zeichneten das Londoner Protokoll, das auf ewige Zeiten 
die Herzogtümer gegen ihr verfassungsmäßiges Recht an Dänemark 
ketten wollte, ja, sie vergaßen es, die Amnestie für alle Anhänger 
der von ihnen selbst anerkannten provisorischen Regierung auszu 
wirken. Schwer lag darum die rachsüchtige Hand Dänemarks auf
	        
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