Full text: (1905/06)

Schüler um ihn, die voll Begeisterung für ihren Lehrer waren, unter 
ihnen die spätem Professoren Loewit und Biedermann, die hier 
ihre ersten Arbeiten unter Flemming’s Leitung machten. Auch 
bot sich Flemming viel freundschaftlicher Verkehr mit Henke, 
Klebs, Hering, Huppert, Breisky, Lieben, mit Woltmann, 
dem späteren Kunsthistoriker in Straßburg und Gustav Meyer 
dem Professor der vergleichenden Sprachwissenschaft in Prag. Auch 
an heiterer Familiengeselligkeit, bei der er wegen seines liebens 
würdigen feinen Wesens außerordentlich beliebt war, fehlte es ihm 
nicht. Daneben aber war er eitrigst beschäftigt mit wissenschaft 
lichen Arbeiten: teils ausführlichen Jahresberichten über die Fort 
schritte der Anatomie des Nervensystems, der Sinnesorgane und 
Eingeweide; teils Publikationen über die ihn vor allem interessierenden 
eigenen Forschungen. Unter diesen sind zu nennen wertvolle, 
teilweise sehr umfangreiche Arbeiten über die Entwickelung der 
Teichmuschel; die Studien zur Entwickelungsgeschichte der Najaden, 
in welchen die ersten Entwicklungsvorgänge und die Keimblatt 
bildung im Ei dieser Tiere verfolgt werden, und welche wegen der 
dabei am Kern der Eizelle beobachteten Veränderungen schon als 
Vorstudien zu Flemmings späteren, speziell auf Zellstrukturen 
gerichteten Arbeiten gelten dürfen; endlich die Beiträge zur Anatomie 
und Physiologie des Bindegewebes, als Fortsetzungen früherer 
Arbeiten über denselben Gegenstand, die zu wesentlichen Be 
reicherungen des Wissens vom Verhalten der Bindegewebsfibrillen 
sowie zu der höchst wichtigen Erkenntnis führten, daß das Fett als 
Stoffwechselprodukt der Bindegewebszelle, in dieser erzeugt und 
eingeschlossen ist, hier aber auch wieder der Rückbildung verfällt, 
wobei der gewonnene Raum zeitweise durch seröse Flüssigkeit 
erfüllt oder durch Neubildung von Bindegewebszellen eingenommen 
werden kann. 
Äußerst geschickte präparatorische Behandlung der Unter 
suchungsobjekte, mannigfache Verbesserungen der histologischen 
Technik, stete Berücksichtigung des Entstehens der wechselnden 
Zustände des Lebendigen, für deren genauere Erkenntnis das tote 
Gewebe bloß Hülfsmittel der Untersuchung sein soll, dabei scharfe, 
zuverlässige Beobachtung, vorsichtige, nüchterne Kritik, aber er 
schöpfende Auswertung der Befunde, in ruhiger verständiger Art 
der Darstellung, zeichnen die Arbeiten Flemmings auf das Vorteil 
hafteste aus. Als im Jahre 1875 H e n k e einem Rufe an die Universität 
Tübingen folgte, betraute man Flemming mit dessen Vertretung
	        
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