Vielleicht hat niemand ein Wort der Klage von ihm ver
nommen, niemals einer seiner Freunde, vielleicht nicht einmal ie
Gattin, die ihm mit aufopferndster Pflege zur Seite stand. An das
Mitleid anderer Menschen hat er sich nie gewandt.
So trat denn in der letzten Zeit immer klarer und imposanter
eine Seite seines Wesens heraus, die sonst hinter seiner liebens
würdigen und herzgewinnenden Freundlichkeit fast verschwinden
konnte, das Große und Starke seiner Natur. Und ich meine, es
ist ein wundervoller Trost für alle, die ihm nahe standen, daß man
ihm nachsagen kann das eine: Er war ein ganzer Mann, und. daß
man gleich hinzufügen darf: Er war, da er lebte, ein glücklicher
Mensch.
Diese Überzeugung gewinnt man bald, wenn man den Spuren
dieses Lebens nachgeht, dessen Verlauf wir in aller Kurze vor un-
serm geistigen Auge vorüberziehen lassen.
Arthur Milchhöfer wurde am 21. März 1852 zu Schirwindt
in Ostpreußen geboren. Die Familie war ursprünglich aus dem
Österreichischen zugewandert, und es macht ganz den Eindruck,
als ob die liebenswürdige süddeutsche Art mit dem kernigen ost
preußischen Charakter in seinem Wesen eine glückliche Vereinigung
gefunden hätte. Sein Vater, ein angesehener Arzt, konnte dem
Knaben in dem kleinen Heimatsstädtchen, hart an der Grenze, nicht
die wünschenswerte Ausbildung geben und mußte ihn früh aus
dem Hause tun. So kam er nach Tilsit und absolvierte dort das
Gymnasium.
Die erste akademische Ausbildung erhielt er in Berlin. Da
brach im Sommer 1870 der Krieg aus, und da der blutjunge Student
nicht, wie er wünschte, in Reih’ und Glied gestellt wurde, ging er
wenigstens als freiwilliger Krankenpfleger mit.
In Berlin trat Milchhöfer in nähere Beziehung zu E. Curtius,
dem er wohl die Anregung zu seinen topographischen Studien ver
dankt. 1873 treffen wir ihn in München, wo ihn Brunn anzog,
dessen Name damals eine große Zahl tüchtiger junger Archäologen
nach München führte, darunter A. Furtwängler, mit dem er bis
zuletzt freundschaftlich verbunden war.
Seine Erstlingsschrift, zu der ihm E. Curtius die Anregung
gegeben hatte, war die Dissertation „Überden Attischen Apollon “ (1873).
Bis zum Mai 1874 blieb er noch in München, bereitete sich
dann in seiner Heimat zum Staatsexamen vor, das er in Königsberg