Full text: (1902/1903)

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licher Professor für gerichtliche Medizin angestellt; 1870 wurde er 
zum Medizinalrat bei der Regierung in Schleswig ernannt, behielt 
aber seinen Wohnsitz in Kiel. Die dreifache Tätigkeit als viel 
beschäftigter Arzt, als Medizinalbeamter und als Universitätslehrer 
übte er nun noch länger als 25 Jahre aus, von Krankheiten und 
Schicksalsschlägen nicht verschont, aber stets schnell sich empor 
raffend und durch die Arbeit sich erfrischend. Erst 1897, 71 Jahre 
alt, gab er sein Verwaltungsamt, in den folgenden Jahren all 
mählich auch die ärztliche Praxis auf; Vorlesungen hielt er bis 
an sein Lebensende, zuletzt im Sommer 1902, zu seiner und seiner 
Zuhörer Befriedigung. 
Durch die amtliche Tätigkeit bei der Regierung wie durch 
eigenes Studium zu näherem Eingehen auf hygienische und medizi 
nalpolizeiliche Fragen geführt, las er mit besonderem Interesse 
Hygiene, begrüßte mit Freuden deren durch die Bakteriologie an 
gebahnten Fortschritte und betätigte sich selbst mit jugendlichem 
Eifer an den 1884 im Reichsgesundheitsamt von R. Koch abgehaltenen 
bakteriologischen Kursen. Als 1888 eine eigene Professur der 
Hygiene errichtet wurde, gab, er diese Vorlesungen auf und las 
wie früher meist nur „Einleitung in das Studium der Medizin“ und 
„Gerichtliche Medizin.“ Gerade für letzteren Gegenstand war 
wegen veränderter Examensbedingungen der Zuhörerkreis eine Zeit 
lang sehr beschränkt und hob sich erst in den letzten Jahren 
wieder. Stets hatte Bockendahl als notwendige Ergänzung für den 
Unterricht in der gerichtlichen Medizin die praktische Anleitung zu 
gerichtlichen Sektionen angesehen, hatte aber eine dahin gehende 
Einrichtung nicht erreichen können. Im letzten Jahrzehnt hat er 
für seine Vorlesungen noch neue Themata in Angriff genommen, 
die ihm durch die sozialen Gesetze an die Hand gegeben wurden: 
Unfallgesetzgebung, Gesundheitsbeschädigungen und Bestimmungen 
der Erwerbsfähigkeit. 
Schon diese Daten zeigen, wie mannigfaltig Bockendahls 
Wirken war; es ist aber damit nicht erschöpft. Der viel beschäftigte 
Mann fand immer noch Zeit zu gemeinnütziger und Vereinstätigkeit; 
ich nenne nur seine Mitwirkung für die praktische Hygiene der 
Stadt Kiel, die führende Teilnahme an der Einrichtung der Volks 
küche, des Spar- und Bauvereins, am Vaterländischen Frauenverein, 
am Anscharhause, an dem ärztlichen Vereinswesen der Provinz 
Schleswig-Holstein. Wo immer Bockendahl eine Sache angriff, 
geschah es mit Eifer und Freudigkeit; vorher stets gründlich
	        
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