Full text: (1895/96)

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geben und will lieber noch von einer persönlichen Berührung und 
deren möglichen Folgen berichten. 
Vor zwei Monaten, als die Schassischeti Preisaufgaben zu stellen 
waren, trat der Verewigte mit dem Vorschläge an mich heran, gemein 
schaftlich und als Ausdruck unseres einträchtigen Zusammenwirkens 
eine philosophische Aufgabe bei der Fakultät zu beantragen. Mit 
l’reuden ging ich darauf ein und schlug eine Reihe von Thematen 
vor, bei denen er bald dieses, bald jenes Bedenken hatte. Endlich 
einigten wir uns, als Aufgabe eine Bearbeitung der Philosophie des 
Malebranche zu stellen. Da von anderer Seite noch dringendere 
Wünsche Vorlagen, so traten wir freiwillig zurück, jedoch mit dem 
Vorsatze, unsere Aufgabe im folgenden Jahre wieder zu beantragen. 
Diesen Vorsatz betrachte ich als eine Schuld gegen den Verstorbenen, 
deren Einlösung mir obliegt. Ich gedenke daher, im nächsten Jahre 
<iie philosophische Preisaufgabe zu beantragen, werde aber als Thema 
derselben nicht die Philosophie des Malebranche, über die schon so 
manches vorliegt, wählen, sondern eine Darstellung der Philosophie 
Gustav Glogau’s, und ich hoffe, dass dieser Vorschlag die Zu 
stimmung der Kollegen und auch einen geeigneten Bearbeiter finden 
wird. So könnte auf Veranlassung unserer philosophischen Fakultät 
ein Werk entstehen, welches nicht nur einem entschiedenen Bedürfnis 
der wissenschaftlichen Welt entgegen käme, sondern auch das schönste 
Denkmal sein würde, welches wir dem verstorbenen Kollegen setzen 
können. 
— Und so dürfen wir hoffen, dass sein Angedenken unter uns 
nicht so bald verblassen wird. Zwar seiner Leiblichkeit nach ruht er 
fern von uns in dem heiligen Boden Athens, in der Nähe so vieler 
Heroen des Geistes, in der Nähe des Platon, den er so sehr geliebt, 
— aber sein Unsterbliches ist entrückt in eine Sphäre, für die es keine 
räumliche, keine zeitliche Trennung mehr giebt, und was wir alle nur 
Unzulänglich erkennen, was er selbst sein ganzes Leben hindurch zu 
erforschen und zu lehren bemüht war, das ist ihm vor uns allen jetzt 
zu schauen beschieden. 
Wir aber, die Zurückbleibenden, sehen ihm trauernd nach. 
Friede seiner Asche! 
Ave cara animal 
Paul Deussen.
	        
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