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in der Tiefe vor ihnen das weite, offene Meer, umrahmt zur Rechten
von der Küste von Argolis und zur Linken von der Inselwelt der
Kykladen 1 Es war, als hätte die Natur, gleichsam zum Abschiede,
sich noch einmal in ihrer ganzen Herrlichkeit zeigen wollen.
Es folgte die Rückkehr zu Wagen nach Laurion, wo der Schwede
sich alsbald in das Stationsgebäude begab, während die beiden Freunde
bis zum Abgänge des Zuges gegenüber im Freien bei einer Tasse
Kaffee in angenehmer Unterhaltung sassen. Plötzlich ertönt das Signal
der Abfahrt; beide eilen auf das Perron, suchen verschiedene Wagen
auf, der eine gelangte mit Hülfe des Schaffners glücklich auf seinen
Platz, der andere trat fehl oder glitt aus und geriet unter die Räder
des abfahrenden Zuges. —
Ein Signal brachte den dahineilenden Zug zum Stehen, man sah
die Leute nach hinten laufen, es hiess, ein Unglück sei geschehen.
Auch Dr. Korn steigt aus, geht zurück und erkennt mit Entsetzen
in dem Verunglückten seinen Freund! Schon war der zufällig an
wesende Arzt der französischen Bergwerkgesellschaft bemüht, einen
Notverband anzulegen; der Oberkörper war unverletzt, nur die Beine
waren überfahren worden. Aber der Blutverlust war ein zu grosser
gewesen. Dr. Korn beugt sich über den Verwundeten und vernimmt
nur noch die Worte: „lassen Sie mich von hier wegtragen.“ Dann
trat eine Ohnmacht ein, welche kurz darauf in Tod überging.
Die letzten Worte des Entschlafenen scheinen zu beweisen, dass
er kein Bewusstsein von der Schwere seiner Verletzung hatte, — sonst
würden seine Gedanken wohl eine andere Richtung genommen haben.
Für diese Annahme sprechen auch die von dem Toten genommenen
Photographien; er macht auf ihnen den Eindruck eines friedlich
Schlafenden; das im Leben etwas unruhige, suchende Auge ist ge
schlossen, und der kontemplative Zug des Angesichts kommt mehr
zur Geltung.
Der Leichnam wurde nach dem Krankenhause der Minengesell
schaft gebracht. Dr. Korn hielt treulich bei demselben Wacht und
gab die ersten Nachrichten in die Heimat. Am folgenden Morgen
wurde der Körper mittels eines von der Verwaltung zur Verfügung
gestellten Extrazuges nach Athen befördert und dort einbalsamiert.
Am Montag, dem 25. März überschritt ein stattlicher Leichenzug
die Brücke des, gewöhnlich wasserlosen, Ilissos — vielleicht an der
Stelle, wo Sokrates mit Phädrus unter der Platane ruhte, als er das
berühmte philosophische Gespräch führte; — vom Ilissosthale ging es
dann weiter über den südlich gelegenen Hügel zum Centralfriedhofe,
wo im Angesichte des Meeres das Grab bereitet war. Der Sarg war
mit Blumen und Kränzen reich geschmückt; hinter demselben schritten