Full text: (1893/94)

I. Universitätsverwaltung und Personalnachrichten. 
1. Verwaltung, 
a. Jahresbericht, 
erstattet von dem abtretenden Rektor Herrn Professor Dr. Pochhammer 
beim Rektoratswechsel am 5. März 1894. 
Hochansehnliche Versammlung, liebe Kommilitonen! 
Mein Bericht über das abgelaufene Rektoratsjahr kann in allen 
auf unserer Hochschule vertretenen Zweigen der Wissenschaft den ge 
deihlichen Fortgang der Studien constatiren. Der Aufgabe, eine Pflanz 
stätte gediegener Fachbildung und ernster Forschung zu sein, ist auch 
die Kieler Universität, wie wir behaupten dürfen, sich in vollem Maasse 
bewusst. 
Verschieden theilt sich die Gunst der Zeit auf die verschiedenen 
Disciplinen; es wechselt im Laufe der Jahre der Zudrang zu den ein 
zelnen Berufsarten. Der Werth der Wissenschaft bleibt jedoch von 
diesen Zufälligkeiten unabhängig, und die Bedeutung einer Fakultät 
lässt sich nicht nach ihrer Frequenz messen. Nicht selten ist es geschehen^ 
dass gerade zu den Zeiten, wo eine Disciplin äusserlich zu den ver 
nachlässigten zu gehören schien, die wissenschaftliche Forschung in ihr 
besonders bemerkenswerthe Fortschritte machte, wie ja die Zeit, wo die 
Knospe sich bildet, eine andere ist, als die, wo sie aulbricht. 
Augenblicklich richtet sich das gelehrte Studium in Deutschland 
mit Vorliebe auf die Fächer der Medizin und der Jurisprudenz, während 
die philosophischen Fakultäten fast überall in ihrer Frequenz zurück- 
8 e g an gen sind. Die Kieler Universität hat darin einen besonderen 
Charakter, dass schon seit längerer Zeit ein grosses Uebergewicht des 
medizinischen Studiums über die anderen Fächer besteht. Bereits im 
Sommersemester 1884 machten bei einer Gesammtzahl von 4 21 im " 
matrikulirten Studenten die Mediziner 41 °/ 0 derselben aus, im Sommer 
1888 betrugen sie 46°/ 0 . Im Sommer 1890 waren unter 640 Studirenden 
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