Full text: (1893/94)

Von Disciplinarfällen sind nur leichtere Ausschreitungen jugend 
lichen Uebermuthes vorgekommen. 
Für die chirurgische Klinik ist der Bau eines neuen Operationssaales 
und Auditoriums nahezu beendet. Das chemische Laboratorium hat durch 
Aufsetzung eines Stockwerkes eine Erweiterung erfahren. Das Extraordi 
nariat für pharmazeutische Chemie ist ein etatsmässiges geworden. 
Es liegt mir nun ob, die Namen derjenigen Herren Kommilitonen 
festzustellen und zu verkünden, denen von den Fakultäten Preise für die 
Lösung von Aufgaben der Schassischen Stiftung zuerkannt worden sind. 
(Verlesung der Entscheidungen der Fakultäten.) 
Endlich habe ich die Ehre, zu verkünden, dass für das heute 
beginnende neue Amtsjahr der ordentliche Professor der Theologie Herr 
Dr. Emil Schürer zum Rektor magnificus gewählt worden ist. 
Ich freue mich der Erste sein zu dürfen, der Ew. Magnificenz 
begrüsst, und ich wünsche Ew. Magnificenz eine glückliche und ge 
segnete Amtsführung. 
b. Die Verleihung der Neu-Schassischen Preise des Jahres 1893/94. 
Die theologische Fakultät hatte folgendes Thema gestellt: 
„Die Theologie von Johann Staupitz ist einer Untersuchung zu unter 
ziehen mit Rücksicht auf die Ansichten von Kolde, Keller und Paulus“. 
Es sind 4 Bearbeitungen ein gegangen. 1. mit dem Motto: Fecisti nos 
ad te, inquietum est cor nostrum donec requiescat in te. 2. mit dem Motto: 
Jesus, dein bin ich, mach mich selig. 3. mit dem Motto: Pectus facit 
theologum. 4. mit dem Motto: „Das Zeitalter um 1500 war ein un 
theologisches. Fromme wie Staupitz suchten das Heilmittel für die 
kranke Zeit nicht in der Theologie, sondern noch immer in dem 
mystischen Transcendieren.“ 1. die Arbeit (mit dem Motto Fecisti etc.) 
leidet an dem Grundfehler einer petitio principii, indem die ganze 
Ausführung von der Voraussetzung ausgeht, dass sich St’s Lehre 
wesentlich gleich geblieben sei, ein Satz, welcher der Untersuchung ge 
rade bedürftig war. Der Weg zu einer historischen Betrachtung war da 
mit von vornherein abgeschnitten. — In ähnlicher Weise schreitet auch 
die 2. Arbeit (mit dem Motto: „Jesus dein bin ich“) sofort zu einer 
systematischen Behandlung nach dogmatischen loci, deren Schema 
einer älteren Arbeit über St. entnommen wird. Wenn im Weiteren 
eine gewisse Unterscheidung von früheren und späteren Schriften und 
Auffassungen auch gemacht wird, so stehen diesem Vorzug eine Menge 
Unrichtigkeiten im Einzelnen gegenüber, die eine ernsthaftere Beschäftigung 
mit dem Gegenstand überhaupt vermissen lassen.
	        
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