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bei ihm nur beides so leicht zu trennen! Denn wie kann ich reden
von seiner Theologie, ohne dass das ehrwürdige, friedensvolle Antlitz
vor mir auftaucht, dessen ruhige Klarheit das Resultat der tief inner
lich vollzogenen Geistesarbeit war. Wie kann ich von der Art
reden, wie er den Gegenstand seiner Wissenschaft, das Christentum
auffasste, ohne mich zugleich aller Züge seines christlichen Characters
zu erinnern, der ebenso sehr der heiss errungene Preis seiner Ueber-
zeugungskämpfe war, wie eine von vornherein edle Beanlagung seine
theologische Stellungnahme bedingte. Seine Theologie war ihm das
Herz seines Daseins. Nur zwei Gegenstände gab es überhaupt, die er
mit seinen Söhnen ernsthaft verhandelte. Der Geist der Antike, ins
besondere der antiken Philosophie, und das richtig zu erfassende
Christenthum. Das philosophisch-theologische Gespräch war durchaus,
war einzig der Träger unseres geistigen Austausches mit ihm. Und
das Ringen nach dem richtigen unmissverständlichen Ausdruck seiner
theologischen Ueberzeugung Hess so wenig nach, dass er mir fast in
jedem Briefe, und noch bei meinem letzten Besuch vor wenigen
Monaten täglich die Ergebnisse seiner Meditationen vorlegte. Dennoch
hat seine principielle Stellung schon früh sich befestigt, und früh auch
war sein religiöses, wie sein sittliches Leben bereits geordnet und mit
seinen Ueberzeugungen in feste Uebereinstimmung gebracht, mit einer
Stetigkeit und Characterstärke, der kaum auf Momente vielleicht die
Bändigung einer an sich heftigen Natur misslang. So war bei ihm
Theolog und Mensch eins, so war er ein Mann und Character aus
einem Guss.
Wie aber war seine Theologie geartet? Er vertrat in der hiesigen
theologischen Facultät das Fach der praktischen Theologie. Aber
seiner eigentlichen Neigung nach stand er der systematischen Theologie
am nächsten. Der historischen Forschung stand er ferner, und so sehr
ihre Ergebnisse ihn interessierten, so war er doch selbst kein Freund
der Detailforschung, aus der sie sich aufbauen. Ueberhaupt war er
kein Mann des Details. Nur, wo es auf dem Wege seiner Pflicht lag,
konnte auch er sich historisch wie geschäftlich richtig „einarbeiten“.
Die historischen Partien seiner Vorlesungen gab er exact. Und als
fermen Geschäftsmann kennt ihn sowohl die hiesige Stadtverwaltung
wie die Universität. Viele Bogen von seiner Hand in unserem Stadt
archiv beweisen es, und die gedruckten Berichte über seine drei Rec-
torate, von denen die zwei ersten 1853 — 55 ihm auch die Geschäfte
eines Curators auferlegten, sie zeigen, dass er, wenn es sein musste,
auch den Ansprüchen des Büreau’s zu genügen wusste. Aber seine
eigentliche Neigung führte ihn der idealen Gedankengestaltung zu.
Hier war die Heimat seiner Theologie.