Full text: (1887/88)

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In Professor Dr. Karl Wieding verlor am 24. Oktober das Land 
einen seiner treusten Söhne und ehemaligen Streiter für seine Be 
freiung, die Wissenschaft den ausgezeichneten Kenner des Civil- und 
Strafprocesses und des Strafrechtes, sowie des schleswig-holsteinischen 
Privatrechtes, unsre Universität aber einen Lehrer, welcher ihr 20 Jahre 
lang in hingebender, ja das Maass seiner Kräfte übersteigender Pflicht 
erfüllung fast bis zum letzten Augenblicke seines von langen Leiden 
heimgesuchten Lebens gedient hat, das akademische Konsistorium 
endlich insbesondre und der akademische Senat verlor in ihm den 
erfahrenen Berater, welchem, wie wenigen, die eigne Wissenschaft Be 
herrscherin des Urteils in allen Fragen des Lebens gewesen ist und 
dessen Ansichten, nicht blos als er im Jahre 1880 der Führer der 
Universität war, sondern auch bei vielen andern Gelegenheiten für ihre 
Entscheidung massgebend und stets klärend gewirkt haben. 
Am 14. August wurde durch jähen Tod aus unsrer Mitte gerissen 
Dr. Adolf Pansch, seit 1865 Prosektor, 1866 Privatdocent, seit 1876 
ausserordentlicher Professor der Anatomie. Durch Lehrbefähigung 
und Bereitwilligkeit zur Förderung wissenschaftlichen Strebens war es 
ihm trotz geschwächter Gesundheit gelungen sich die Liebe zahlreicher 
Schüler in hohem Masse zu erwerben. Auch hat er es verstanden 
die mit besondrer Neigung und Begabung auf weiten Reisen, wie der 
deutschen Nordpolexpedition, gewonnenen Anschauungen und Er 
fahrungen in Kiel, zum Teil in leitender Stellung, auf dem Gebiet der 
Völkerkunde sowie der prähistorischen Erforschung des Landes zu 
verwerten. 
Auch mit dem Privatdocenten Dr. Paul Schütze ist am 
16. Septbr. nach nur i 1 ^ jähriger Wirksamkeit an unsrer Universität 
eine junge trotz des schwachen Körpers rastlos hohem Ziele nach 
strebende Kraft dahingegangen, von welcher für die deutsche und 
besonders für die Schleswig - holsteinische Litteraturgeschichte noch 
schöne Leistungen hätten erwartet werden dürfen, wenn nicht der 
schon lange in ihm schlummernde Todeskeim dem jungen Leben ein 
allzu frühes Ende bereitet hätte. 
Auch durch längere Erkrankung ist die Wirksamkeit einer An 
zahl von Lehrern fast aller Fakultäten im verflossenen Jahre unter 
brochen worden. Zuletzt, Ende Januar, und das ist der Grund, weshalb 
ich heut an dieser Stelle stehe, ist auch der Rektor der Universität 
von einer tückischen, wenn auch heut glücklicherweise fast überwundnen 
Krankheit ergriffen und damit wie seiner Lehrtätigkeit, so auch der in 
seiner Hand so wol aufgehobenen Leitung der Rektoratsgeschäfte ent 
zogen worden.
	        
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