Kurz nach Beginn des Rektoratsjahrs verlor unsre Universität ein
kaum gewonnenes Mitglied. Am 8. April starb der wenige Wochen
vorher zum ausserordentlichen Professor für klassische Philologie er-
nannte Dr. Christian Lüttjohann. Nach angestrengter erfolgreicher
Ihätigkeit hatte er ein erstes Ziel seiner Bestrebungen erreicht.
Leider war es ihm, obgleich noch in verhältnissmässig jungen Jahren,
nicht vergönnt, die Müsse, die ihm seine neue Stellung brachte, im
Dienste und zum Nutzen seiner Wissenschaft zu verwerthen.
Aber auch in den Reihen unsrer Veteranen hat der Tod in diesem
Jahr seine Opfer gesucht. Professor Karl Himly, seit 1846 unsrer
Universität angehörig, starb am 26. Januar d. J. in Wien, nachdem er
wenige Monate vorher, zunehmender Kränklichkeit wegen, seine Qui-
eszirung erbeten und erhalten hatte. Himly war entschieden ein Talent,
welches aber nicht zu voller Durchbildung gekommen ist. Seine Be
deutung liegt allerdings ein halbes Menschenalter zurück, aber damals
war er nicht nur in Kiel, nein im ganzen Lande eine bekannte, ja fast
berühmte Persönlichkeit. Die älteren Mitglieder und Freunde unserer
Universität erinnern sich gewiss seiner That im Jahre 1848, als er auf
die geniale Idee kam, unsern Hafen durch Torpedo-ähnliche Mienen
vor der feindlichen dänischen Flotte zu schützen.
Noch ein andres Band wurde in diesem Jahre gelöst, das freilich
niemals ein sehr festes gewesen war. Professor Friedrich Pfeiffer, seit
1876 Vertreter für deutsche Litteratur und Sprache, aber durch an
dauernde Krankheit in der Ausübung seiner Berufspflichten vielfach
gehindert, hat nun seinen dauernden Urlaub erhalten und seinen Wohn
sitz nach Freiburg im Breisgau verlegt.
Ferner hat die Universität den Weggang mehrerer hochgeschätzter
Dozenten zu beklagen, welche durch ehrenvolle Berufungen an andere
Universitäten Kiel verliessen. So folgte der Professor des römischen
Rechts Herr Dr. Otto Lenel einem Ruf nach Marburg, der Professor
der Botanik Herr Dr. Engler einem Ruf nach Breslau, der Privatdozent
Plerr Dr. Hertz schliesst mit diesem Semester seine kurze und erfolg
reiche Thätigkeit hier ab, um einem Ruf als ordentlicher Professor der
Physik an die technische Hochschule zu Karlsruhe Folge zu leisten.
Glücklicherweise ist es möglich gewesen für diese und ältere
tiefempfundene Lücken durch Berufung neuer ausgezeichneter Lehr
kräfte Ersatz zu schaffen. So wirken und lehren schon seit ver
gangenem Sommersemester an unsrer Hochschule die Professoren der
Philosophie: Plerr Dr. August Krohn, welcher an Stelle des ver
storbenen Geheimrath Thaulow berufen wurde und Herr Professor
L)r. Gustav Glogau, welcher die Stelle des nach Breslau berufenen