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der Verfassung der Christian-Albrechts-Universität über das abgelaufene
Rektoratsjahr öffentlich Bericht zu erstatten.
Wenige Tage nach dem Beginn des neuen Rektoratsjahres, am
ix. März 1883, hatte unsere Universität den Schmerz, eines ihrer älte
sten Mitglieder, den Geheimen Regierungsrath Professor Dr. Gustav
Ferdinand Thaulow zu verlieren.
Der Verstorbene hat unserer Universität und seinem Vaterlande
mit ganzem Herzen angehört. Beiden hat sein reiches Wirken gegol
ten. Mit warmer Begeisterung hat er seinem Beruf, seiner Wissen
schaft gelebt, und ebenso hingebend und begeistert hat er sich in den
Dienst aller künstlerischen und gemeinnützigen Bestrebungen seiner
Heimath gestellt. Oft hat er den Weg zu neuen Zielen gezeigt, oft
ist er der Führer zu ihnen gewesen.
Die Universität vor Allem hat seinem Schaffensdrange, seinem
werkthätigen Enthusiasmus Viel zu verdanken. Die erste Anregung
zu der Errichtung des Gebäudes, in welchem wir uns heute versammelt
haben, ist von ihm ausgegangen, und nicht blos das: durch rastlosen
Eifer hat er die thatkräftige Unterstützung zahlreicher opferwilliger
Freunde für sein Unternehmen zu gewinnen vermocht und der Staats
regierung den Bau unseres Hauses erleichtert.
Als das neue Universitätsgebäude errichtet worden war, hatte
eine lange Epoche des Lebens unseres verstorbenen Collegen glanz
vollen Abschluss gefunden. Aber er ruhte nicht müssig aus, sondern
widmete sich sofort neuen Zwecken mit derselben niemals ermüdenden
Beharrlichkeit, mit der er seit mehr als einem Jahrzehnt die Herstel
lung eines neuen Hauses für die Universität betrieben hatte. Es ist
ihm nicht vergönnt gewesen, noch den letzten Plan seines Lebens, die
Errichtung eines Stiftes für Studirende unserer Hochschule, auszuführen.
Aber er hat dafür Sorge getragen, dass eine künftige Generation aus
führen könne, was er geplant.
So ist er von uns geschieden, wie er unter uns gelebt hat, voll
von Entwürfen und durchdrungen von der Begeisterung für die Auf
gaben, die er sich gestellt. Und so wollen auch wir das Bild des
Verstorbenen in unserem Gedächtnisse bewahren und treu des Mannes
eingedenk bleiben, der seine Heimath, die Stadt, deren Bürger er war,
die Universität, der er angehörte, mit jugendlicher Wärme bis zum
Tode geliebt hat. —
Zu Ende des Sommersemesters verliess nach mehrjähriger erfolg
reicher und in vielen Kreisen anregender Lehrthätigkeit der ordentliche