Full text: (Band XXVIII.)

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Verhältnissen ungemindert fortdauert. Der Name Wilhelms I. ist mit den epoche 
machenden Ausgrabungen, welche zu Rom im Hain der Arvalbrüder, in Athen, Olympia, 
Pergamon gemacht worden sind, für alle Zeiten verbunden; insbesondere gebührt 
seiner tatkräftigen Teilname und königlichen Munificenz der Dank dafür, dass die 
Aufdeckung und Untersuchung der Altis von Olympia an das vorgesteckte Ziel gelangt 
ist. Eine ungeahnte Fülle neuer Anschauungen und Belehrungen über die verschie 
densten Seiten griechischen Lebens, vor allem aber über die höchsten Leistungen 
des griechischen Geistes, Architektur und Plastik, ist durch diese Entdeckungen der 
Altertumswissenschaft zugeführt. Wol dürfte es sich daher ziemen und der Bedeutung 
des Tages entsprechen die Aufmerksamkeit auf die griechische Kunst hinzulenken, 
und so sei es gestattet in diesem weihevollen Augenblicke, wo wir uns im Geiste 
um das theure Bild des allverehrten Kaisers sammeln, zu reden von dem Bilde des 
Menschen, vom Portrait in der griechischen Plastik. Was unser 
heut vor 50 Jahren verklärter Dichterfürst sagt: »Die Gestalt des Menschen ist der 
Text zu allem, was sich über ihn empfinden und sagen lässt,* gilt wie vom Menschen 
des Lebens, so auch von dem der Kunst. 
Zwar hat die griechische Plastik ihre vornehmste Aufgabe in der Aus 
gestaltung der Gottheit gesehen, aber sie hat sich doch auch früh der Darstellung 
des Menschen zugewendet, ja gerade an ihr sich von überkommenen Schranken zu 
vollendeter Freiheit durchgearbeitet und in ihr Vorbilder geschaffen für alle Zeiten, 
zumal für die unsrige, welche wieder in edler Gesinnung eifrig bemüht das Verdienst 
grosser Männer zu ehren, den höchsten Zoll öffentlichen Dankes der Kunst des 
Bildhauers anvertraut.- Ja nachdem die Herrlichkeit der griechischen Götterwelt im 
Bewusstsein der Menschheit der neuen Botschaft »Gott ist ein Geist« gewichen ist, 
beruht die Teilname unsrer Zeit für die Aufgaben und Leistungen der Plastik vorzüg 
lich auf dem Portrait. 
Die Plastik des Orients hat es auch nach tausendjähriger Arbeit selbst auf 
der Höhe ihrer Entwickelung nur zu nüchterner, trockner Wiedergabe, nicht zu wahr 
haft künstlerischer, poetischer Darstellung des Menschen gebracht. Diese war dem 
Völkchen beschieden, an welchem sich der orientalische Despotismus brach, den 
Bewohnern jenes eminent plastischen Landes, den Hellenen. Das Geheimnis ihrer 
Kunst liegt in der Verbindung des ihnen eingepflanzten idealen Sinnes mit der treusten 
Hingabe an die Natur, und die griechische Plastik stellt den glücklichsten Bund von 
Idealismus und Realismus dar. Ihn zeigt auch der classische Portraitstil. Aber von
	        
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