Full text: (Band XXVI.)

Das Spielrnannsgedicht Orendel ist zweimal herausgegeben, von v. d. Hagen und von Ett- 
müller, ohne dass vorher die Fragen eingehend behandelt, oder gar zum Abschlüsse gebracht wären, 
deren Beantwortung zur Gewinnung einer sicheren Grundlage für eine kritische Ausgabe durchaus 
nothwendig ist. Auf den Rath des Herrn Professor Weinhold, meines verehrten früheren Lehrers, 
habe ich versucht, ein weniges an der vorliegenden Aufgabe mitzuwirken. Gieng die zum Theil sehr 
schwierige Arbeit über meine schwachen Kräfte, so bitte ich um gütige Nachsicht; an redlichem 
Willen hat es mir nicht gefehlt. 
Ich beschränke mich auf drei Fragen von besonderer Wichtigkeit: 
I. Das Verhältniss der Recensionen. 
II. Die strophische Form. 
III. Die Zeit und Heimath des Gedichtes. 
I. Das Verhältniss der Recensionen. 
Das Gedicht ist in einer Strassburger Handschrift (H) vom J. 1477 und einem Augsburger 
Druck (D) von 1512, also aus verhältnissmässig später Zeit auf uns gekommen; ausserdem besitzen 
wir eine Prosaauflösung (P), welche wie D 1512 zu Augsburg gedruckt ist; sie wird am Schlüsse 
des Capitels besprochen werden. — „Ain hübsch buoch genant der graw rock , welches der Schreiber 
der Heidelberger Handschrift der Ravenna-Schlacht vom J. 1447 unter anderen gemalten Hand 
schriften erwähnt (Hagen, Einleit. p. XXIII.), ist leider nicht erhalten. 
Die ehemals in Strassburg befindliche, 1870 mit der Stadtbibliothek vernichtete H., auf Papier 
geschrieben im J. 1477, wie die Jahreszahl am Schlüsse des Gedichtes anzeigt, hat v. d. Hagen Berl. 
^44 nach einer von M. Engelhart besorgten Abschrift herausgegeben und hinter dem Texte die 
hauptsächlichsten Abweichungen D’s angemerkt. Hätte er sie unverändert wiedergegeben, so würde 
er dadurch den Gebrauch des Buches sehr erleichtert haben, nun aber ist manches, z. Th. aus D, 
corrigiert und der Text muss an Stellen mühsam aus den Lesarten herausgesucht werden. 
Von D sind zwei Exemplare erhalten, eins befindet sich in München, das andere in der 
königlichen Bibliothek zu Berlin; von letzterem, welches v. d. Hagen zur Vergleichung diente, habe 
ich eine genaue Abschrift genommen. Der Drucker bemerkt am Schlüsse: „Getruckt zuo Augspurg 
vonn Hannsen Froschauer Anno dni Mcccccxij.“ 
Indem v. d. Hagen das Gedicht nach H herausgab und nur Einzelnes mit Hülfe D s berichtigte, 
gab er zu erkennen, dass er in H den relativ ursprünglichsten Text gefunden zu haben glaubte. — 
Umgekehrt hatte Wackernagel das Verhältniss dargestellt und seine Ansicht ist durchgedrungen- 
Auch Ettmüller: „Orendel und Bride, eine Rune des deutschen Heidenthums, umgedichtet im zwölften 
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