Ueber Fremdkörper im Auge.
Das Interesse, zu beobachten, wie das Eindringen und Verweilen von fremden Körpern im
Auge ertragen wird, welche Gefahren ein fremder Körper im Innern des Auges sowohl für das
primär getroffene als auch unberechenbarer Weise für das gesunde Auge mit sich bringt, und der
Umstand, dass allbekannte Erfahrungen und Grundsätze durch neue Beobachtungen und Erfahrungen
zu befestigen nicht schaden kann, lässt entschuldigen, wenn ich das Thema über Fremdkörper
im Auge, trotzdem dasselbe in der Literatur schon so häufig abgehandelt ist, nochmals berühre.
Ausserdem sind im Laufe der Jahre auf der Kieler Universitäts-Augenklinik mehrere so hübsche
Fälle von Fremdkörper im Auge vorgekommen, dass eine Beschreibung und Veröffentlichung
derselben wünschenswerth ist.
Da die Cornea und hauptsächlich die Sclera einen hohen Grad von Elasticität und
Widerstandsfähigkeit besitzen, die Wölbung des Bulbus und das subconjunctivale Bindegewebe
einen Körper eher abprallen als eindringen lassen, so müssen die Körper, welche sich einen Weg
in das Innere des Auges bahnen, vor allen diejenigen, welche in den Glaskörper dringen oder
die Netzhaut verletzen oder sogar von dieser zurückprallen, um sich an einer andern Stelle im
Auge niederzubetten, mit einer grossen Gewalt geschleudert sein und aus einem harten Stoffe
bestehen; daher ist ihre Mannichfaltigkeit nicht sehr gross. Es kommen meistens vor Eisen-,
Stein- und Glassplitter, Fragmente von Zündhütchen und Schrotkugeln, seltener harte, spitze
Holzstückchen.
Diese Fremdkörper gelangen in das Auge entweder durch die Cornea oder durch die
Sclera. Ist ersteres der Fall, so können sie ihren Weg nehmen durch die Pupille oder durch die
Iris. Drang ein kleiner Körper durch die Pupille in das Innere der Linse, so entsteht gewöhnlich
nur ein kleiner Riss in der Linsenkapscl, ein Aufquellen der Linse und Austreten von Linsen
masse in die vordere Kammer erfolgt nicht immer, da die Kapselwundränder, falls der Riss
ein sternförmiger, sich gewöhnlich wieder trichterförmig aneinander legen und so der Humor
apucus keinen Zutritt zu der Linsensubstanz findet; letzteres hat auch statt, wenn der
kleine Körper an der vorderen oder hinteren Fläche der Linsenkapsel sitzen geblieben, da alsdann
einestheils die Kapselwundränder sich fest an den Fremdkörper anschmiegen und so dem Kammer
wasser den Zutritt zur Linsensubstanz verwehren, andcrntheils der Fremdkörper selber als Tampon
wirkt. Die gewöhnliche Folge der Linsenverlctzung aber ist die, dass bald früher, bald später
eine Cataract entsteht, die fast immer die ganze Linse ergreift und persistent bleibt.