Full text: (Band XXIV.)

JA 
Aus dieser Betrachtung des Gedächtnisses ergeben sich für Lehrende und Lernende 
einige, übrigens in Uebereinstimmung mit der allgemeinen Erfahrung stehende, Re 
geln. Die Intensität, mit welcher ein Eindruck hervorgebracht wird, hat keine seiner 
messbaren Stärke entsprechende Wirkung auf das Gedächtniss. Handelte es sich 
nur darum Eindrücke zu machen, so würde das psychophysische Gesetz, zu Folge 
dessen die Wirkung proportional dem Logarithmus der Reizstärke ansteigt, Geltung 
haben; aber die Eröffnung von Wegen, die dauernde Umbildung von Nervenfasern, 
erfordert jedenfalls auch die Zeit als Factor, und kann deshalb nicht unmittelbar 
durch eine Impression hervorgebracht werden. Mittelbar wirkt der starke Eindruck 
dadurch, dass er längere Zeit braucht, um vollständig abzuklingen, weit mehr aber 
noch deshalb, weil er noch lange nachher die Gedanken zu beschäftigen pflegt, also 
häufig reproducirt wird. Solche häufigen, mit Belassung von Zwischenräumen sich 
machenden Wiederholungen, sind das hauptsächlichste Mittel, um die Ereignisse im Ge 
dächtniss fest zu halten. Sollte aber von dem Lehrer der Eindruck selbst direct wieder 
holt werden, so würde eine dem Gewinn völlig unproportionirte Arbeit geleistet wer 
den, ganz abgesehen davon, dass es noch nöthig sein würde, mit den schädlich 
intercurrirenden Ermüdungen und Abschweifungen der Gedanken zu kämpfen. Es wird 
daher nothwendig, die Wiederholungen dadurch zu erzwingen, dass man die Asso 
ciation mit schon im Gedächtniss vorhandenen Gegenständen zu Hülfe 
nimmt. Dies wird durch eine systematische Gliederung des Vortrags erreicht, wo 
jedes Neue sich der schon erworbenen Gedankenreihe in linearer Verlängerung anreiht 
Erfolgreicher noch ist eine so gestalete Einführung in den Ideenkreis des täglichen. 
Lebens, dass schon die täglichen Eretgnisse zu einer Repetition des Erlernten Anlass 
geben. Häufig scheitern Erfolg und Fiortschritt ^an der Schwierigkeit, das zu Lehrende 
passend dem vorhandenen Ideenkreis zu associiren, denn es ist schwer, die Dinge so 
zu formuliren, dass sie sich leicht zu den knappen Contouren und Zeichen der Erin 
nerungsbilder umgestalten können. Namentlich ist es fast unmöglich, den Inhalt des 
Ideenkreises der verschiedenen Individuen nach Intensität und Charakter richtig zu 
würdigen. Bei der Verborgenheit und sehr grossen Complication der hier in Betracht 
kommenden Verhältnisse, ist der einzige, sicher vorwärts führende Weg der, dass 
man sich an die natürliche Art Erfahrungen zu gewinnen möglichst eng anschliesst. 
Durch unsere Demonstrationen und Curse, durch Experimente und Excursionen, durch 
Urkunden und Urschriften wird einem Jeden eine unvergleichlich grössere Menge von 
* Anknüpfungspunkten für die Erinnerung geboten, als es das Wort des Lehrers allein 
zu thun vermöchte. Jeder wird sich seine besonderen Gedächnissbilder entnehmen
	        
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