doppelt vorhanden, und ob dieselben ein jedes für sich funktionsfähig sind. Diese
Bedingung trifft aber bei den Sternopagen nicht zu, da stets entweder das Herz
°der die Leber theils nur einfach vorhanden sind, theils in der Entwicklung ihrer
Öuplicität nur einen geringen Grad erreichen; alle in der Literatur verzeichneten
Bälle berichten deshalb nur von einer kurzen Lebensdauer. Anders gestalteten sich
die Verhältnisse'bei den bekannten Siamesen, welche, nur durch die seitlich ne-
3 °genen procestus ensiformes verbunden, mit einer vollständigen, für jedes Individuum
getrennten Organisation begabt waren. Sie nehmen deshalb in ihrer Entwicklung
eine bedeutend höhere Stufe ein, als die Sternopagen. Saint Hilaire reiht sie in
die Klasse der Xiphopagen ein.
Eine weitere auffällige Thatsache, welche die Sternopagen auszeichnet, macht
SIC h in der vorwiegenden Häufigkeit des weiblichen Geschlechts geltend. Schon
Malier war diese Erscheinung sehr wohl bekannt, und er betont ausdrücklich, dass
er unter 42 Doppelmissbildungen 30 weibliche und 9 männliche gefunden habe. Bei
Meckel gestaltet sich das Verhältniss ähnlich, er fand unter 80 Sternopagen 60
Weibliche. Otto (i ) notirt unter 142 solcher Missbildungen 80 weibliche. Ob in
dieser Hinsicht ein blinder Zufall sein Spiel treibt, oder ob die grosse Frequenz
des weiblichen Geschlechts aus dem von Otto citirten Grunde stattfindet, wage ich
n >cht zu entscheiden. Otto 7 ) hält jede Monstrosität für eine krankhafte Erscheinung
und glaubt desshalb, da das weibliche Geschlecht ja überhaupt wegen seiner Zartheit
Un d Schwäche mehr den Krankheiten zuneige^ als das männliche, dass dies Ver
hältniss bei den Missbildungen auch Platz greife.
Da es ein durch die Entwickelungsgeschichte aufgestellter und jetzt auch
allgemein angenommener Grundsatz ist, dass Zwillinge gleichen Geschlechts stets
aus einem Ei stammen, so müsste diese Lehre bei den Doppelmissbildungen gewiss
m vollem Maasse in Kraft treten. In der That scheinen sich auch alle Autoren
111 dieser Frage einig, und Förster betont ganz besonders die Einheit des Geschechts
der Doppelmissbildungen. Jedoch wurde von Schraven s ) ein Fall mitgetheilt. in
Welchem beide Individuen deutlich getrennte Geschlechtsorgane gehabt haben sollen.
Was nun die Entstehung der Doppelmonstra betrifft, so wird diese Frage
Bereits seit etwa 150 Jahren ventilirt, ohne dass bis jetzt eine völlig zureichende
Lösung gefunden wäre, immerhin hat man versucht durch geistreiche und wissen
schaftliche Hypothesen ihre Entstehung in einen besseren Einklang mit den als
gültig anerkannten Gesetzen zu bringen. Diese Hauptfrage entbrannte zuerst mit
grossem Eifer und mit dem Aufgebot aller Kenntnisse der damaligen Zeit in den
. 'j A. G. Otto. Monstrorum sexcentorum descriptio anatomica. Vratislaviae 1841.
') Otto. 1. c. pag. 17.
s ) H. Sch raven. Ueber Sternopagen. Dissertation. Berlin 1869.