30
wirken kann, weil das Chorioiedal-Gewebe keinen Schutz mehr gewährt, — so verlieren sie all-
malig den Charakter der Gefässe und wandeln sich in einfache Bindegewebs-Stränge um. —
Die Folge davon ist, dass das auf diese Weise gebildete Staphylon glänzend weiss erscheint;
das Pigment der Ohorioidoa ist theils mit dem Gewebe der Chorioidea zurückgewichen; theils
dem Laufe der Blutbaimen gefolgt und an der neuen Chorioideal-Grenze abgelagert; — das
Blut ist aus den Gefässen verschwunden, — und so sieht man durch das spärliche Bindewebe
und den Verlauf der dar überliegenden Opticus-Fasern hindurch, die glänzend weisse Sclera
durchschimmern.
Hiemit ist, so zu sagen, der erste Akt abgeschlossen; und in ihm auch der spätere
Verlauf charakterisirt. Er erfolgt auf der neuen Grundlage jedoch ganz nach denselben Ge
setzen, wie dies erste Stadium, nur dass natürlich, je weiter der Process schreitet, desto un
günstiger die Bedingungen werden, in desto erhöhterem Maasse die schädlichen Faktoren wirken
werden.
Mitunter, wissen wir ja, setzt sich der Process durch das ganze Leben hindurch fort;
doch gewöhnlich pflogt mit der vollendeten Entwickelung, also im 25—30. Lebensjahre, ein
Stillstand einzutreten, bedingt einerseits durch die erlangte volle Resistenzfähigkeit der Gewebe, und
durch die geringere Neigung zu krampfartigen Zuständen, also Aufhören des Akkommodations-
Krampfes und Manifest-Werden der latenten Hypermetropie; — andererseits vielleicht durch
Selbst-Correktion z. B. der Hypermetropie, oder durch monokuläres Sehen bei bestehender
Insuffienz.
Was nun die Formen der entstandenen Staphylome anlangt, so wird aus der vorherigen
Darstellung erhellen, dass sie von vielen verschiedenen Momenten abhängig sind:
Von der Form des Auges und seinem Refraktions-Zustande; von der Resistenzfähigkeit
der Gewebe. Von dem Zeitpunkte des ersten Auftretens des Leidens und von der Dauer des
selben, von der Intensität des begleitenden Entzündungs-Processes am Augenhintergrunde und
der rascher oder langsamer erfolgenden Ausdehnung des Auges; — vor Allem aber von dem
Verhalten der Akkommodation und der Convergenz. — Um hiefür noch einen Anhalt zu geben,
habe ich in der Fig. 4 die 'Wirkung der Zugkräfte an der pap. n. opt. dargestellt, bei gerade
umgekehrten Grössen für A u. C als sie für Fig. 2 angenommen sind. — Es liegt in dieser
Figur angedeutet, welche Verhältnisse auch zum annularen Staphylom führen können; — doch
sind es natürlich nicht diese allein; sondern auch andere Verhältnisse können zu demselben
Resultate führen, z. B. Vine sehr starke Verlängerung der Sehaxe.
Einen anderen Befund kann ich nicht unterlassen hier noch anzuführen, weil er durch
die hier ausgeführte Deduktion eine natürliche und ausreichende Erklärung findet: Ich habe
nämlich die Beobachtung gemacht, dass die temporalen Staphylome, besonders die von regel
mässiger Form und scharf, abgegrenzt, fast stets nach oben hin etwas breiter sind als nach
unten, auch gewöhnlich etwas weiter die Papille umgreifen. — Da ich nach der Lösung dieser
Frage suchte, fand ich sie nach meiner Theorie ganz ungezwungen in dem Umstande,, dass mit
jeder Convergenz stets eine Senkung der Blickebene verbunden sei. In Folge dessen wird die
Zugwirkung des m. rect. inferior in ähnlicher Weise an der Papille sich manifestiren wie die
des m. r. internus.
Es wird in der Folge mein Bestreben sein, die Richtigkeit der von mir hier gegebenen
Deduktion an den vielfältigen Befunden, die hauptsächlich der Augenspiegel uns liefert, zu
prüfen, und in den bestehenden Verhältnissen eine Erklärung für die Art der Befunde zu suchen.
Für den Augenblick muss ich mich darauf beschränken, zu bemerken, dass diese kleine Arbeit
für sich nichts weiter beansprucht, als ein Versuch zu sein, einen theoretischen Gesichtspunkt
für die Erklärung der mannigfaltigen Erscheinungen der hinteren Staphylome zu iiefern.