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Dio Fig. 3 stellt den Effekt des obigen Raisonnements dar. Es ist angenommen, die
Veränderung entspreche der Grösse 1 /iN, und dass dieselbe nur in der Richtung des Conver-
genz-Zuges stattgehabt. Wir sehen dann, dass die Figur die wir erhalten, auf das Vollkommenste
mit der Figur des wirklichen sogenannten senilen Staphyloms übereinstimmt. — Wir sehen,
wie durch das Alter ein Faktor nur wesentlich verändert wird, construiren uns die Wirkung
desselben, das modificirte Resultat, und können uns durch Vergleichen mit dem wirklichen
Befunde überzeugen, dass die vollkommenste Uebereinstimmung zwischen den beiden Resultaten
obwaltet.
Das auch noch andere Formen des senilen Staphyloms Vorkommen können, beweist
nicht, dass diese meine Darstellung unrichtig, denn 1) wird aus dem Folgenden, in dem die
Darstellung der übrigen pathologischen Befunde gegeben wird, sich darthun, wie geringe Ab
normitäten in den bestehenden Momenten hiezu Veranlassung geben können, 2) lassen sie sich
aber auch schon daraus erklären, dass überhaupt die Bewegung des Auges nach allen Rich
tungen hin durch die Abnahme der Elasticität des n. opt. und seiner Scheide erschwert wird,
und dadurch auch wohl an den anderen Seiten der Papille ähnliche Dehnungen stattfinclen,
wie hauptsächlich an der temporalen Seite durch das Ueberwiegen des Convergenz-Zuges.
2. Das Staphyloma posticum als Resultat der Sclorotico-Chorioiditis p.
Sclerotico-Chorioiditis posterior nennen wir eine Entzündung der Augenhäute, der Sclera
und Chorioidea im Gebiete des hinteren Augen-Pols, welche, von der Peripherie der pap. n. opt-
ausgehend und sich allmälig über grössere oder geringere Strecken des Augenhintergrundes
ausbreitend, eine Erweichung der Gewebe bedingt, die ihrerseits wieder zu einer Ausdehnung
der Augenhäute und damit einer Verlängerung des Auges in .'der Richtung der Sehaxe führt.
Wir wissen jetzt, dass die Sclerotico-Chorioiditis nicht eine specifische Begleit-Erscheinung
der Myopie ist, sondern, dass sie in jedem Auge auftreten kann, und nicht stets nothwendig
zur M. führt; wohl aber stets eine Verlängerung der Sehaxe bedingt, die in vielen Fällen eine
Myopie repräsentirt.
Wir wissen ferner, dass es die erhöhten Ansprüche an die Leistungen des Auges für
das Sehen naher und feiner Gegenstände sind, die namentlich im jugendlichen Alter diese
Entzündung hervorrufen, in einem Alter, in dem die Resistenzfähigkeit aller Gewebe noch
gering ist; und dass, wenn einmal der Anfang dieses entzündlichen Processes gesetzt ist, derselbe
stetig vorwärts schreitet, so lange die schädlichen Momente fortwirken; — dass er dagegen
durch Aufhebung derselben sehr wohl zum Stillstände kommen, kann. Je weiter er jedoch
fortgeschritten, desto günstigere Bedingungen in steigender Progression linden die schädlichen
Faktoren vor, desto ausgedehntere pathologische Veränderungen werden die Folge sein.
Die Faktoren des Processes sind in allen Augen dieselben. Einerseits aber werden sie
in dem einen Auge in erhöhtere Thätigkeit treten als in dem anderen; andererseits finden sie
aber nicht die gleichen Bedingungen vor, den gleichen Boden für ihre Wirkung, — und hiedurch
ist die Verschiedenheit der Resultate, die sie hervorbringen, bedingt.
Festhalten müssen wir jedoch daran, dass es vor Allem die Potenz, in der die Faktoren
thätig sind, ist, welche den Process hervorruft, und dass die Bedingungen erst in zweiter Linie
auf das raschere oder langsamere Fortschreiten desselben und die Höhe der hervorgebrachten
Veränderungen von Einfluss sind. Diese Faktoren sind nun, die in jedem Auge beim Sehen
naher Gegenstände thätig sind: „Die Akkommodation und die Convergenz.“
Im Vorhergehenden haben wir die Art und Weise ihres physiologischen Wirkens be
trachtet, und es erübrigt jetzt noch zu untersuchen, wie ihre erhöhte Thätigkeit den Process,
den wir Sclerotico-Chorioiditis nennen, hervorrufen kann, und wie die verschiedenen Bedingungen,,
- die sie vorfinden, auf das Resultat modificirend einwirken.