Die mechanischen Momente hei Entstehung von Myopie.
Wenn in einem complicirtem Vorgänge — d. h. einem Vorgänge, bei dem mehrere
einfache Kräfte zugleich thätig sind, deren jede nach ihren bestimmten Gesetzen wirkt, —
die einzelnen Kräfte, sowie die Gesetze, nach denen sie wirken, uns bekannt sind, dann können
wir das Resultat dieses Vorganges durch Synthese ermitteln.
Umgekehit können wir aber auch, wenn uns das Resultat eines complicirten Vorganges
bekannt ist, ausserdem alle Kräfte, die dabei mitgewirkt haben, — durch Prüfung ermitteln,
nach welchen Gesetzen nun jede der Kräfte gewirkt haben muss, damit das Gesammt-Resultat
entstehe.
Dies letztere Verfahren liegt nun der folgenden Untersuchung zu Grunde:
Der complicirte Vorgang ist die Entstehung und das Fortschreiten der Myopie. Die
Resultate derselben sind die Veränderungen, die dadurch am Auge entstehen; vornehmlich die
Verlängerung der feehacbse und das Staphyloma posticum mit seinen charakteristischen Merk
malen. — Die Kräfte sind diejenigen, die bei der Arbeit des Auges aufgewandt werden.
Durch Prüfung suchen wir nun zu ermitteln, wie diese Kräfte haben wirken müssen,
damit das uns bekannte Resultat entstehe.
Zur Beantwortung der Frage, wie das Staphylom entsteht, können wir auch auf einem
Umwege gelangen, indem wir die Frage zu lösen suchen, warum es so zu Stande komme, wie
es gewöhnlich der ball, und welche Modalitäten die einzelnen Abweichungen bedingen. Daraus
wird sich dann das „Wie“ überhaupt ergeben.
Es ist dies der Weg, den ich eingeschlagen habe, und an dem ich auch festhalte, weil
er anzeigt, wie die vorliegende Arbeit zuerst entstanden ist, und sich allmälig entwickelt hat.
Die Erfahrung lehrt, dass in der bei weitem grössten Zahl von Fällen, in denen ein
Staphyloma posticum vorkommt, dasselbe an der temporalen Seite der papilla nervi optici be
steht, und dass, wo auch an anderen Stellen an der pap. n. opt. Atrophie der Chorioidea vor
handen, diejenige temporalwärts an Ausdehnung die grösste zu sein nfleo-t
Warum? °
Die Beantwortung dieser Frage zerfällt in einen physikalischen, einen physiologischen
und einen pathologischen Theil.