nicht erkannt, nämlich dass der Akkommodations-Krampf das häufigste Entstehungsmonient
der progressiven M. sei, und zwar liegt der Grund in den thatsächlichen Verhältnissen. Die
Fälle von progressiver M., die in der Klinik in stationäre Behandlung aufgenommen wurden,
und am genauesten untersucht und beobachtet wurden, waren die zur Eruirung der Akkommo
dations-Theorie am allerungünstigsten, Fälle von grosser Höhe der M., in den schon der
Akkommodations-Krampf lange zur Verlängerung der Sehaxe und atrophischen Veränderungen
um die pap. n. opt. geführt hatte; in diesen gab das Atropin, wie leicht begreiflich, oft ein
negatives Resultat. — Die leichten Grade von M, bei jugendlichen Individuen, konnten gewöhn
lich nicht atropinisirt werden, und so wurde der Akkommodations-Krampf oft für wirkliche M.
gehalten.
Nachdem Dobrowolsky das Beispiel gegeben, wurde auch an der hiesigen Klinik,
wo möglich das myopische Auge atropinisirt, und in einer Reihe von Fällen durch die Atropin-
Kur die glänzendsten Erfolge erzielt; auch hypermetropische Augen, die M. vortäuschten auf
ihren ursprünglichen Refraktions-Zustand dauernd zurückgeführt.
Die Messungen, welche nach der Angabe von Mann har dt gemacht wurden, führten
nicht zu denselben Resultaten, und kann in Folge dessen wohl nicht als endgültig entschieden
betrachtet werden, ob die Verhältnisse, die Mannhardt in Italien gefunden, auch hier zu
Lande thatsäcblich existiren.
Zum bchlusse muss ich noch die Resultate erwähnen, die im vorigen Jahre von Pro
fessor Schiess-Gemuseus und Dr. Hoscli über den Erfolg der Atropin-Kur veröffentlicht
wurden: Sie hatten eine definitive Besserung in 69%, einen Stillstand der M. in 20,9%; in
9% Fortschreiten der M. — Der höchste Grad von Besserung nach Atropin-Gebrauch war Vifl
ieh hoffe durch die obige kurze Darstellung der geschichtlichen Entwickelung der Lehre
von der M., — in der ich nur die wichtigsten Autoren und die Grundzüge ihrer Lehren auf
geführt habe, — und durch das Referat über den Standpunkt meines Lehrers, des Herrn
Professor Völckers zu dieser Lehre, dargethau zu haben, welche Ansichten mir eigen ge
worden waren, da ich auf Anrathen des Herrn Prof. Völckers den Entschluss fasste, ein
Referat zu liefern über die Beobachtungen, die an der hiesigen Klinik über die M. gemacht
waren, und die Resultate und consecutiven Ansichten, zu welchen sie geführt; —- hauptsächlich
mit Rücksicht auf den Uebergang von H. in M. und auf den Akkommodations-Krampf.
Ich sammelte damals das Material aus 6 Jahren; doch es ergab sich mir bald, dass
das Unternehmen ein viel zu weitgehendes. Ich musste mich desshalb beschränken, und nahm
zu dem Zwecke die theoretische Deduktion, wie ich mir den Einfluss der mechanischen Momente
auf das Entstehen und das Fortschreiten der M. erklärt hatte, heraus.
Ich muss hier noch bemerken, dass ich damals die Arbeit von Erismann noch nicht
eingehend studirt hatte, und dass ich mir auf Grundlage der Lehren des Herrn Prof. Völckers
und der Kenntniss der übrigen, oben angeführten Litteratur, sowie den eigenen Beobachtungen,
die ich während der Dauer einer U/s jährigen Funktion als Assistent an der Augen-Klinik hatte
machen können, zu den theoretischen Resultaten gelangt war, zu deren Darstellung ich
jetzt übergehen werde.
Um so freudiger überraschte es mich desshalb, wie ich jetzt, nach einer halbjährigen
Unterbrechung durch Krankheit, die Schrift von Eris mann wieder in die Hand nahm, und
fand, dass er, durch seine praktischen klinischen Untersuchungen und Beobachtungen zu ganz
demselben Schlüsse gelangt war, wie ich durch mein theoretisches Raisonnement, nämlich:
„dass sowohl Convergenz wie Akkommodation wesentliche Faktoren sind bei der
Entstehung und dem weiteren Fortschreiten der progressiven Myopie.
Die Priorität, zuerst diesen Satz aufgestellt zu haben, war mir dadurch genommen;
dafür hatte ich aber eine Autorität gewonnen für die Richtigkeit meiner Deduktion,