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stündiges Privatkolleg Deutsche Geschichte von 1814 ab. Die für den Sommer 1865
angekündigten Collegia hielt er dort nicht mehr.
Wir sehen ihn also wesentlich der neueren Zeit zugewant 1 ) und dieser suchte
er auch sonst sich zu widmen, indem er dem Nationalvereine beitrat, in den Ver
sammlungen desselben häufig Vorträge übernahm und auch einige Flugschriften für den
selben verfasste. 2 ) Er war mit Miquel näher bekannt und durch ihn dem Verein und der
practischen Politik zugeführt worden. Vom October 1864 ab übernahm Usinger auch die
Leitung der Göttinger Zeitung, die ein Organ des Vereins war und gieng auch einmal,
als die schleswig-holsteinische Frage durch den Tod König Friedrichs VII. in scharfen
Fluss gekommen war, in die Herzogthümer, um die Stimmungen und Zustände als
Augenzeuge zu beobachten. Im Mai 1864 trat er ferner in den Protestantenverein,
dem Ewald vorstund.
Seine Göttinger Wirksamkeit sollte aber bald ihr Ende finden. Die philoso
phische Fakultät zu Greifswald schlug Usinger für eine erledigte ausserordentliche
Professur der Geschichte vor und der Minister v. Mühler trug ihm dieselbe unter dem
28. März 1865 an. Den 29. erhielt Usinger bereits diesen Antrag und erklärte sich
am selben Tage bereit, schon zu Ostern die mit 500 Thlr. besoldete Stelle zu übei'-
nehmen. Am 8. April erhielt er mit anerkennenden Worten seine Entlassung aus den
bisherigen Verhältnissen und den 18. April traf er in Greifswald schon ein.
Die Gefühle, mit denen er von Göttingen schied, hat er in seinem Entlassungs
gesuch vom 30. März 1865 ausgesprochen. Es waren Gefühle der Dankbarkeit. „Hier
wurde mir beschieden, schrieb er, mich auszubilden und zum ersten Male den Ka
theder zu besteigen. Dann fand ich in Herrn Professor Waitz einen Lehrer, dem ich
nicht zum kleinen Theil meine geistige Entwickelung, dessen vielfältiger Anregung
ich vor allem meine heutige wissenschaftliche Richtung im wesentlichen verdanke.
Hier endlich stand mir eine Bibliothek zur Verfügung, die in ganz Deutschland an
literarischen Schätzen, wie auch in Beziehung auf zuvorkommende Unterstützung durch
die Beamten kaum ihres gleichen hat.“
In Greifswald fand Usinger grosse Trauer um den Weggang Arnold Schäfers
nach Bonn; das dortige Geschichtsstudium erschien allen dadurch aufs höchste ge
fährdet. Um so grössere Genugthuung bereitete ihm der grosse Beifall, den er sogleich
durch seine Vorlesungen errang und die eifrige Theilnahme, weiche das von ihm
übernommene historische Seminar hervorrief. Er durfte sich einer Wirksamkeit rühmen,
auf die er in den ersten Kieler Jahren stets mit Sehnsucht blickte.
*) Aus seinen Studien darüber gieng die Abhandlung hervor: Napoleon, der rheinische und der nordische
Bund. Preuss. Jahrbücher XIY. und besonders Berlin 1865.
3 ) Die Titel derselben vermag ich nicht aufzufinden. Eine derselben behandelte den Freiheitskrieg und war
ihm 1866 in Rostock bei Erledigung der dortigen Geschichtsprofessur hinderlich.