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Zeitaufwand auf Kosten der eigenen Studien, bestimmten Usinger, seine Bewerbung
wieder zurückzuziehen.
Seine Gesundheit war in Berlin nicht gut gewesen; er hatte ein sehr heftiges
gastrisches Fieber zu überstehn. Um so erwünschter war ein längerer Aufenthalt in
Wiesbaden, den er von Ende Juni bis in den August 1862 nahm. Neu gestärkt gieng
er von da nach Göttingen zurück.
Hier dachte er zuerst daran, jene Arbeit über die deutsch-dänischen Verhält
nisse unter Knut und Waldemar dem Sieger bis zur Schlacht von Bornhöved, die er
im Anfang der Studentenjahre geschrieben, drucken zu lassen. Aber Waitz riet ernst
lich ab und empfahl sorgsame Nachprüfung. Nur widerstrebend gieng Usinger darauf
ein, aber hat es seinem Lehrer bald gedankt: denn neue Gesichtspunkte führten zu
reichlichem neuem Material, eine Reise nach Schwerin verschaffte unter der gütigen
Bereitwilligkeit von Lisch und Wigger unbekannte wichtige Urkunden, anderes kam
hinzu und so entstund bei Erweiterung und völliger Umgestaltung der alten Arbeit
ein im ganzen wie einzelnen neues Werk. Im Mai 1863 schrieb er die Vorrede
seiner deutsch-dänischen Geschichte 1189—1227; er widmete das Buch Professor
Waitz. Es ist die umfangreichste Arbeit Usingers geblieben, die an die Oeffent-
lichkeit trat.
Die ersten sechzehn gedruckten Bogen des Buches reichte Usinger am 23. Mai
1863 bei der Göttinger philosophischen Falkultät ein, mit dem Gesuche ihn zum
Colloquium behufs der Habilitation als Privatdocent für Geschichte zuzulassen. „Mein
Streben war vor allem darauf gerichtet,“ schrieb er dabei, „mir eine allgemeine
wissenschaftliche Bildung und wenigstens so viele Kenntnisse von den verschiedensten
Hauptzweigen menschlichen Wissens zu erwerben, als erforderlich scheint, um die
geistige Entwicklung der Menschheit in den einzelnen Phasen der Geschichte nach
ihrem relativen Werte beurteilen zu können. Dabei brauche ich kaum zu bemerken,
dass ich immer die nächste Rücksicht auf mein Fachstudium als die notwendigste
betrachtete. Denn obwol mir jene allgemeineren Studien eine innige Befriedigung des
Gemütes gewährten, durfte ich doch nimmer vergessen, dass der Geschichte mein
Leben geweiht sei. Die Sehnsucht nach einer festen allgemeinen Weltanschauung,
welche mich eine Zeitlang vielleicht zu sehr beherrschte, musste oft und wiederholt
vor speeiellen historischen Arbeiten zurücktreten.“
Am 5. Juli theilte ihm der Dekan der Fakultät, Prof. Waitz, mit, dass dieselbe
von dem k. Universitätscuratorium ermächtigt sei, ihm auf Grund seiner Leistungen
die nachgesuchte venia legendi für das Fach der Geschichte zunächst auf zwei Jahre
zu verleihen.
Die Vorlesungen, welche Usinger in Göttingen ankündigte und mit Beifall
hielt, waren kürzere Publica über den Befreiungskrieg von 18 13 /u, Geschichte der
Revolution von 17 89 /95, Geschichte des deutschen Königthums (lstündig) und ein vier-