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Usinger hat von Michaelis 1857 bis Michaelis 1861 auf der Georgia - Augusta
studiert. Er hörte philologische Vorlesungen bei Sauppe und E. Curtius, philosophische
bei Lotze und Ritter, juristische bei Fr. Mommsen, Kraut, Rössler und Zachanae,
staatswissenschaftliche bei Hansen und Helfferich, geschichtliche bei Waite, Havemann
und Hoeck, Diplomatik bei W. Müller, Geschichte der kristlichen Kunst bei Unger.
Vor allen andern ward Georg Waite sein Lehrer; durch ihn lernte er die Geschichte
des Mittelalters und der neueren Zeit wissenschaftlich anschauen, im inneren Zu
sammenhänge verstehn und ihre Quellen kritisch betrachten. Nach dem ersten
Semester, in welchem Usinger bei Franz Rössler, an den er durch Grotefend empfoh
len war, ’allerlei urkundliche Arbeiten getrieben hatte, gestattete ihm Waitz die Theil-
nahme ’an den historischen Uebungen, denen er dann bis zur Exmatriculation sehr
eifrig und thätig beiwohnte. Winkelmann, S. Abel, Frensdorff, Schöpfer, Steindorff,
Vischer aus Basel, Arndt, v. Druffel, Binding, Droysen d. j., Wittieh, Pabst, Weiland
u. a waren dort nach und nach seine Genossen. Mit mehreren von ihnen trat er m
nähere Gemeinschaft, vorzüglich befreundete er sich mit B. v. Druffel. Kluckhohn
hatte er gleich in den ersten Tagen nach seiner Ankunft in Göttingen bei Rössler
getroffen und war bald in näheren Verkehr mit ihm gekommen; doch blieb derselbe
nur noch den Winter dort. Je länger je mehr ward Usinger ein anregender Mittel
punkt des strebsamen jungen Kreises. _ ...
Usinger beschäftigte sich privatim hauptsächlich mit den deutsch - dänischen
Angelegenheiten des Mittelalters und schrieb auch eine grössere Abhandlung darüber,
aus°der°später sein Buch „deutsch-dänische Geschichte“ hervorgieng. Aus diesen Studien
erwuchs auch die Dissertation „Die dänischen Annalen und Chroniken des
Mittelalters kritisch untersucht“ (erschienen Hannover 1861), welche er der
philosophischen Fakultät in Göttingen vorlegte und auf welche er im December 1860
zum Doctor der Philosophie promovirt ward, üeber das fehlende Schulzeugnis« der
Reife sah die Fakultät bei den eigentümlichen Lebensumständen des Candidaten
und dem bewiesenen Eifer, sich neben seinen geschichtlichen Kenntnissen eine gute
allgemeine wissenschaftliche Bildung zu erwerben, hinweg
Jene kritische Untersuchung der dänischen Annalen und Chroniken nimmt
einen Plan auf, den Waitz einmal gehabt, aber aufgegeben hatte, weil damals 1 rof.
Velschow in Kopenhagen denselben hegte. So sehen wir denn Usinger hier haupt
sächlich in den Spuren von Waitz, und wir beobachten zugleich an der gründlichen
Arbeit, die für einen ganzen Abschnitt der dänischen Geschichte einen sicheren Boden
o-ab die gut gehandhabte Methode jener trefflichen Göttinger Schule.
’ Der junge Doctor blieb zunächst in Göttingen immatriculirt und studierte
weiter Durch Waitz ward ihm auch von der historischen Commission in München
der Auftrag die von dem verstorbenen Prof. S. Hirsch in Berlin bearbeiteten Jahr
bücher des & deutschen Reichs unter Kaiser Heinrich II. zur Herausgabe fertig zu machen.
Zehn Bogen des Buches lagen bei dem raschen Tode von Hirsch erst im Druck vor;