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Gemeinsam ihnen allen ist, was von jedem freien Manne in damaliger Zeit
gefordert ward, bei jenen jedoch in besonders erhöhtem Grade vorhanden war:
Kampftüchtigkeit und Kampfbereitschaft; sie unterscheiden sich aber, je nachdem
diese bei ihnen stets verbundnen Eigenschaften nach der individuellen Sinnesart der
Einzelnen einen bald mehr, bald minder rauhen und strengen Character tragen, oder
bei den Einen in dieser, bei den Andern in jener Form sich geltend machen, oder
endlich je nachdem sie es allein sind, durch die sich der Genannte Ruf erwirbt, oder
sie noch von andern nicht minder auszeichnenden Begabungen, sei es des Geistes oder
des Körpers, begleitet werden.
Während Einige, ohne gerade sehr streitbaren Sinnes zu sein, dennoch es für
Schimpf und Schande gehalten hätten, einem Kampfe auszuweichen, den ihnen, wie dem
sonst milden Siöu-Hallr u. A., Pflichten der Freundschaft oder Verwandschaft aufer
legten, oder die durch schwere Beleidigung gereizt, wie Jmrsteinn Siöu-Hallsson, oder
aber durch die heilige Pflicht der Blutrache sich genöthigt sehen, wie Bjarne, Jmrkell
und Jmrbjörn, den Kampf aufzusuchen und bis zum Tode zu bestehen, — sind doch
die bei weitem meisten von ihnen von so lebendigem Drang, von solcher Lust an
Streit und Kampf erfüllt, dass sie in der Befriedigung derselben geradezu einen Beruf
finden, sei es für das ganze Leben, wie die Holmgänger Berse und Starre, oder doch
für eine ganze Reihe von Jahren, in denen sie sich der Kriegsfahrt norwegischer
oder englischer Fürsten anschliessen oder selbständig an der Spitze einer Gefolgschaft
Vikingsfahrten unternehmen. Wenn unter diesen, wie überhaupt unter allen den
Genannten, sofern es sich um jene Kampftüchtigkeit und Kampfbereitschaft handelt,
keiner dem ritterlichen Gunnarr von Hliöarendi vergleichbar erscheint, gründet sich
wiederum bei einigen von ihnen der erworbene Ruhm nicht sowohl auf ihre im
Waffenkampf ausgeführten Heldenthaten, als vielmehr entweder auf ihre ganz unge
wöhnliche Körperkraft, wie bei Grettir und Finnbogi, Ormr Störolfsson und Jmralfr,
oder auf ihre Skaldenkunst, -wie bei Glümr, Egill, Hallfreör, Bjarne skäld, |)orleifr,
Kormakr.
Noch viele andre den Genannten meistens ebenbürtige Kämpen treten in den
Saga’s auf und die Nichterwähnung einiger der berühmtesten unter ihnen müsste
Wunder nehmen, wenn die Islendingadrapa nicht blos ein Fragment wäre und man
sonach nicht annehmen dürfte, dass die Vermissten in dem verlornen Theile des
Gedichts besprochen worden.
Wer jedoch und wie viele von ihnen darin Aufnahme gefunden, scheint um
so weniger bestimmbar, als sich aus den erhaltenen Strophen kaum ersehen lässt,
von welchem Principe sich der Dichter in der Aufeinanderfolge der darin Genannten
leiten liess. Jedenfalls war es weder ein topographisches, noch chronologisches: dem
Osten Islands gehören durch Geburt oder Wohnstätte die in Str. 3 — 8 und 22—23
genannten, dem Norden: 12 — 14. 17. 18. 21. 25. 27., dem Westen: 9. 10. 11.