angeborenen Körperlichkeit und Persönlichkeit gebunden, die er zwar steigern, aber
nicht überspringen kann. Naturgemäss bleibt deshalb eine Kluft zwischen der Idee,
welche dargestellt werden soll und der darstellenden Form; Kant zählte daher auch
sinnig die Schauspielkunst zu den „anhängenden“ Künsten, die er aus der Sphäre der
reinen selbständigen Künste verwies. Ein gleiches Verbannungsurtheil hat andere
Zwitterkünste getroffen; die Tanzkunst, welche sich zwischen der Tonkunst und Malerei,
die schöne Gartenkunst, welche sich zwichen der Landschaftsmalerei und dem plasti
schen allgemeinen Princip, und die s. g erhobenen Bildwerke (Flaut- und Basreliefs),
welche sich zwischen der Malerei und Bildhauerei eindrängen würden. Keine Kunst
die an eine andere gebunden ist, ist eine reine, schöne, produktive Kunst; wie viele
„schöne Künste“ würden es geben, wollte man alle diese gemischten Künste mit dem
Namen derselben belegen? Der Kunstgattungen, auf welche die Definition der „Kunst,“
wie wir sie gaben, passt, sind nur wenige: als direct vom Genius abstamrnend, können
sich nur fünf Species legitimiren; nicht grösser ist die Zahl der Kunstarten, in denen
eine Idee dargestellt und damit die erste an alle „Kunst“ zu stellende unerlässliche
Forderung erfüllt werden kann. — Diese fünf Arten sind Architektur, Sculptur, Malerei,
Musik Poesie. Nahezu alle neueren Philosophen haben die Kunstbetrachtung auf
diese Gattungen beschränkt, und wenn auch z. ß. Lasaulx, Poesie von Prosa scheidend,
die Existenz von sechs Künsten annimmt, so ist doch diese Zerlegung minder wichtig,
weil jedenfalls Poesie und Prosa demselben Boden entsprossen sind und das Material,
das Wort, beiden gemeinsam ist. Sie würden also zuletzt als Aeste eines und desselben
Baumes gelten können.
Es fragt sich nun, welche unter diesen fünf Künsten die vornehmste sei und
nach welchem Gesetze wir ihre Stufenfolge bestimmen sollen?
Floren wir Bouterwek und Solger, so hätten wir die Poesie als universelle
Kunst, als die sich selbst modificirende und bestimmende Idee selbständig und ein
seitig den vier anderen Künsten gegenüber zu stellen, da sie für sich allein den
Umfang der Architektur, Sculptur, Malerei und Musik umfasse. Letztere Künste
schieden sich dann je nach der Verbindung der Idee mit der Wirklichkeit in symbo
lische (Architektur und Sculptur) und allegorische (Malerei und Musik). Hegel theilt
die Kunstformen in symbolische, klassische und romantische, und kommt zu nach
stehender Reihenfolge: 1) die äusserliche Kunst der Architektur, 2) die objective
der Sculptur, 3) die subjective der Malerei, Musik und Poesie; ein Ziel, welches er
sowohl nach der Auffassungsweise durch Gesicht, Gehör und sinnliche Vorstellung,
als auch nach folgender Gruppirung erreicht: Künste, welche das Objective — und
solche, welche die Innerlichkeit des Subjectiven gestalten. Letzterer Gruppirung
hat sich in neuerer Zeit namentlich Vischer angeschlossen. Sohnaase führt die Kunst
zurück auf ihre drei Elemente: Raum, Zeit und Leben, und classifieirt die Künste
danach wie Flegel; ähnlich verfährt Hand, Grohmann und noch früher Eberhard.