3)
4-
Wenn ich es wage in diesen Blättern noch einmal das schon so oft behandelte Thema der
Dammrisse zu berühren, so liegt es keineswegs in meiner Absicht, eine zusammenhängende Arbeit
über Entstehung und Verhütung von Dammrissen oder über die verschiedenen Methoden des
Dammschutzes u. s. w. zu liefern, sondern ich möchte nur durch statistische Zusammenstellungen
einmal schon von anderer Seite veröffentlichte Ansichten bestätigen resp. widerlegen, andererseits
aber auch einige Momente hervorheben, die, soweit mir die Literatur über diesen Gegenstand
zugänglich geworden ist, noch von Niemand mit der erforderlichen Sorgfalt beachtet sind, oder
über die wenigstens nichts der Oeffentlichkeit übergeben wurde. Das Letztere ist es, was mich
hauptsächlich zu dieser Arbeit bestimmt hat. Seit Anfang dieses Jahres werden nämlich in der
Kieler Gebäranstalt regelmässige Dammmessungen vorgenommen und zwar in der Weise, dass
mit einem Bandmaasse die Entfernung von der commissura labiorum posterior bis zum vorderen
Rande der Aftermündung gemessen wird
1. bei der Aufnahme in die Anstalt,
2. unter der Geburt, d. h. zu einer Zeit, wo der Damm, durch den vorrückenden Kindestheil
gespannt, seine grösste Ausdehnung erreicht hat,
unmittelbar nach der Geburt und
bei der Entlassung.
Dass es in vielen Fällen, wo die Geburt sehr rasch erfolgte, nicht möglich war, die zweite
Messung anzustellen, wird Jedermann begreiflich finden, üherhaupt ist die Zahl der Messungen
noch viel zu gering, um in dieser Frage eine endgültige Entscheidung zu treffen. Trotzdem habe
ich es gewagt, diese Statistik zu veröffentlichen, in der sicheren Hoffnung, dass in anderen Gebär-
anstaltcn, denen ein grösseres Material zur Verfügung steht als uns, diese Dammmessungen eben
falls vorgenommen werden möchten, um bald zu möglichst sicheren Resultaten zu gelangen. Diese
wenigen Zahlen sollen eben nur den Anfang machen, sie sollen einen Baustein liefern, dem noch
viele andere zugefügt werden müssen. Wenn ich andere Momente, welche bei der Entstehung
von Dammrissen entschieden eine Rolle spielen, ganz unberührt gelassen habe, so ist dies aus
dem Grunde geschehen, weil sie statistisch nicht verwerthbar waren, indem sie sich entweder
überall nur mit grosser Schwierigkeit genau beobachten lassen oder wenigstens von uns nicht mit
der nöthigen Sorgfalt beobachtet waren, Dazu gehören z. B. die Richtung der vorderen Becken
wand, die Richtung des Kreuzbeins u. s. w. Ich wollte eben nur solche Angaben bringen, welche
durch bestimmte Notizen in unseren Journalen erwiesen sind und habe auch aus diesem Grunde
auf die älteren Jahrgänge unserer Geburtsgeschichten, in denen die erforderlichen Momente grössten-
theils zu ungenau oder garnicht angegeben sind, verzichtet und mich mit den letzten tausend
Geburtsgeschichten begnügt.
Die folgende Statistik bezieht sich also immer auf tausend Geburten, mit Ausnahme der
Dammmessungen, deren Zahl natürlich, weil erst so kurze Zeit eingeführt, eine erheblich geringere
sein muss.