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leerung erfolgt gleichfalls unter heftigem Drängen das Abfliessen einiger Urintropfen. Der hintere
Theil der Pars cavernosa fühlt sich indurirt an; am Damm ist eine I Zoll lange Narbe. Der
rechte Hode, welcher sich weich anfühlt, ist um die Hälfte kleiner als der linke.
20. XI. Urethrotomia externa.
Ein Bourne Nr. 7 (274"') wurde in die Blase geführt, an das obere Ende desselben eine
feine Metallsonde festgeschroben und über dieser ein derber Katheter bis zur Stricturstelle vor
geschoben. Nachdem dann in der Raphe des Perineums ein 1 '/ 2 Zoll langer Schnitt gemacht und
allmählich vertieft war, bis nach Durchschneidung der Urethra der Katheter zu Tage trat, wurde
auf einer in die Strictur eingeführten feinen Hohlsonde mittelst eines Skalpells die verengte Stelle
in grosser Ausdehnung gespalten. Auf dem Bougie entlang wurde dann ein starker Busch’scher
Katheter in die Blase geführt und hierauf das erstere entfernt. Die Blutung war sehr gering, da
Narbengewebe die ganze Umgebung einnahm/ Der Katheter wurde befestigt und blieb liegen.
Eine nicht unbedeutende Blutung einige Stunden nach der Operation wurde durch Charpie-
tempons gestillt, sonst trat keine Reaction auf. Nach 48 Stunden wurde der Katheter, durch
den mittlerweile sämmtlicher Urin entleert war, entfernt. Von jetzt ab ging der Urin theils seinen
natürlichen Gang, theils durch die Wunde, bis nach reichlich 3 Wochen dieselbe sich schloss.
Pat. lernte nun sich selbst katheterisiren und wurde vollständig geheilt entlassen, mit der Weisung,
lange Zeit die mitgegebenen Bougies zu gebrauchen.
III. Fall.
Volltäiidige Ruptur des Urethra durch Verletzung. Retentio urinae. Boutonniere. Tod
nach 3 Tagen. Section ergiebt Beckenfractur, Zerreissung der Urethra und des Darmes.
Bernhard B, 9 Jahr alt, Knabe aus Kiel,' spielte am 22. VI. 1872 mit anderen Knaben
auf einem Stoss Bretter und hatte das Unglück auszugleiten, wobei ihm einige Bretter auf den
Leib fielen. Pat. musste nach Hause getragen werden, er klagte über heftige Schmerzen im
Leibe. Ein hinzugerufener Arzt liess vorläufig Eis auf den Bauch legen und schickte ihn am
anderen Morgen auf die chirurgische Klinik.
Pat. sah sehr bleich aus, klagte fortwährend über Schmerzen im Leibe und im rechten
Bein. Weil seit dem Fall der Urin nicht entleert und die Blase bis zum Nabel ausgedehnt war,
wurde versucht, in der Narkose einen Katheter einzuführen, allein vergeblich. Man fühlte, wenn
der Katheter bis zu einer gewissen Stelle vorgedrungen war, die Spitze desselben am Damm und
auch vom Rectum aus. Wegen der Unmöglichkeit, einen Katheter einzuführen, wurde zur Ure
throtomia externa geschritten.
Nachdem eine Sonde bis an die Strictur geführt, ein Einschnitt in die Haut gemacht und
das Perineum in der Raphe gespalten war, zeigte es sich, dass die Urethra eine vollständige
Ruptur erlitten hatte. Es gelang, das centrale Ende zu Gesicht zu bekommen und zu fassen,
wornach dasselbe mit zwei durch die Schleimhaut gezogenen Seidenfäden vor dem Entschlüpfen
gesichert wurde. Durch die Operationswunde konnte mit dem Finger eine' beträchtliche Fractu-
rirung der Beckenknochen constatirt werden. Ein elastischer Katheter wurde durch die ganze
Länge der Harnröhre eingeführt und befestigt, dann Pat. zu Bett gebracht.
Trotz der Operation hörten die Schmerzen im Bauch nicht auf, nahmen vielmehr noch
zu. Pat. fieberte stark, lag theilnahmslos im Bett und wurde bald comatös; nach 3 Tagen Exitus
letalis. Die Section ergab: Zersplitterung des Beckens, Zerreissung der Urethra und des Darmes.