11
Patient nicht im Stande war, den Urin zu entleeren, Katheter verschiedener Form und Kalibers
einzuführen versucht, allein vergeblich. Scjion nach dem ersten Versuch kam aus der Urethra
ziemlich viel helles Blut, obgleich der ziemlich dicke Katheter äusserst vorsichtig vorgeschoben
wurde. Dies wiederholte sich bei fast jedem Versuch- Der Katheter drang jedesmal bis in die
Pars spongiosa vor.
Bei Tagesanbruch wurde zur Urethrotomia externa geschritten: Ein weiblicher Katheter
bis in die Pars bulbosa vorgeschoben, der Damm in der Raphe gespalten, bis die Urethra in die
Wunde vorgedrängt werden konnte. Nachdem durch eine kleine Incision die Spitze des Kathe
ters frei gelegt worden war, zeigte es sich, dass nicht die Urethra, welche vollständig abgerissen
war, sonkgrn nur die sie bedeckende Fascie durch den Katheter vorgedrängt und gespalten wor
den war. Es gelang nun bald, das centrale Ende der Harnröhre aufzufinden, eine Hohlsonde in
die Blase zu bringen und auf dieser einen Busch’schen Katheter einzuführen, durch welchen ziem
lich viel klarer Urin entleert wurde. Als nun nach Extraction des Busch’schen Katheters ein:
Nelaton’scher durch die ganze Länge der Urethra eingeführt werden sollte, war das centrale
Ende der Urethra nicht wieder aufzufinden, weil fortwährendes Bluten aus dem zerrissenen Corpus
cavern, bulbi das Operationsfeld verdeckte. Die Operation musste unterbrochen werden, bis wie
der Urin sich angesammelt hatte. 4 Stunden später, als Harndrang sich eingestellt hatte und
Pat. in die Querlage gebracht worden war, floss der Urin durch die Wunde ab; da aber die Ein
führung eines Katheters nicht gleich gelang, wurden weitere Versuche nicht gemacht und Pat. zu
Bett gebracht. *
Nach der Operation trat einige Tage lang Fieber auf, welches sich aber bald wieder
verlor. Der Urin floss an den.ersten 7 Tagen vollständig durch die Wunde ab, vom 8. Tage
an nahm er zum Theil seinen natürlichen Weg; später floss er auch durch 2 Fifteln ab, welche
in Folge periurethraler Abscesse sich gebildet hatten. Die Perinealwunde granulirte gut und
war nach 14 Tagen der Vernarbung nahe. Wie gleich bei der Operation zu fürchten war, aus
dem Grunde, weil kein Katheter eingelegt werden konnte, wurde Pat. durch die Operation nicht
vollständig geheilt, vielmehr fing nach 5 Wochen der Strahl allmählich an, schwächer zu werden.
Es wurde deshalb versucht, feine Bougies einzuführen, was aber nicht gelang; erst in der Narkose
drang ein Bougie (i'/ 2 "') in die Blase, wobei drei Stricturen passirt wurden. Mehrmalige Ein
führung gelang immer leichter, stets ohne Blutung. In Folge dieser Operation, welche einige
Tage lang Urethralfieber bis zu 41 " verursachte, war der Strahl kurze Zeit ziemlich kräftig,
nahm aber bald wieder ab. Nach einem vergeblichen Versuch am 1. III gelang cs am 6. wieder,
ein feines Bougie'einzuführen, am 9. ein stärkeres. Das Bougircn wurde nun regelmässig fort
gesetzt, die Stricturen waren aber sehr resistent,, und zeigten auch nach längerer Zeit keine
Dilatationsfähigkeit; manchmal gelangte das Bougie gar nicht in die Blase. Bei fieser Behand
lung hatten sich die Fisteln geschlossen, nach 4 Monaten aber, als das Uriniren nur noch sehr
langsam, tropfenweise ging, brach eine derselben wieder auf und licss anfangs nur wenige Tropfen
Urin durchsickern, bald aber trat aus derselben mehr Urin aus als aus dem Orificium urethrae.
Um diese Zeit wurde Pat. von Enuresis nocturna befallen, wahrscheinlich weil die Blase in letzter
Zeit niemals ganz entleert worden war. Der Fistelgang im Scrotum führte durch einen nuss
grossen Knoten, welcher einen federkiel dicken harten Strang bis zur Urethra schickte. In der
letzten Zeit misslang einigemale der Versuch Bougies einzuführen, eine' stärker Sonde als Nr. 1
(7, drang überhaupt nicht mehr durch. Weil in den letzten Wochen des Pat. Allgemeinbe
finden bedeutend gestört war, auch die .Dilatation keinen Erfolg mehr versprach, wird am 29. IX
die Boutonniere wiederholt.
Da bei der grossen Enge der Stricturen eine Syme’sche Furchensonde nicht bis in die
Blase gebracht werden konnte, liess Herr Prof. Esmarch eine 64 ctm. lange feine silberne Sonde
(Nr i 74 "') machen, welche aus zwei gleich langen Stücken bestand, die durch einen Schrauben
gang an einander befestigt werden konnten. Er hoffte zuerst das untere Ende bis in die Blase