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Stricturen, wo die Incision nothwendigerweise einen Theil der pars membr. mit getroffen hat . . .
Welche Vortheile rechtfertigen, diesem gegenüber, obige Behandlungsweise? Es herrscht, glaube
ich allgemein der Aberglaube, dass die Gegenwart des Katheters in der Blase, dadurch, dass sie
den Abfluss des Urins durch die frische Wunde verhindert, die üblen Folgen, welche der Berüh
rung des Urins mit einer frischen Wundfläche zugeschrieben werden, abwendet und so die Heilung
erleichtert; die Berührung des Urins mit frischen Wundflächen erregt also bei Einigen Bedenken.
Ich bezweifle die Richtigkeit dieser Bedenken aus folgenden Gründen: i) Die Gegenwart des
Katheters in der Blase verhindert nicht den Abfluss von mehr oder weniger Urin durch die
Wunde; dies Ereigniss tritt vielmehr fast immer ein, sei es bei der Operation selbst, sei es
später. 2) Die Folgen der Berührung des Urins mit den frischen Wundflächen sind nicht ernst
licher Natur, wie dies die Lithotomie beweiset. 3) In den Krankengeschichten, welche ich stu-
dirt habe, wurde die Vernarbung der Wunde durch den Verweilkatheter sicherlich verzögert und
schritt rasch fort nach Entfernung desselben. Eine Fistel endlich bleibt nach dem Steinschnitt
äusserst selten zurück, obgleich hier gleich von Anfang an der Urin die Wundflächen bespült.
Was die Gefahr einer Urininfiltration betrifft, so ist diese nur zu befürchten, wenn die tieferen
Schichten des Lig. triangul. und der fascia pelvis durchtrennt sind, oder bis zum Betrage weniger
Tropfen, wenn das Scrotum nicht gehörig hoch gelagert ist — eine Vorsicht, die nur zu oft ver
nachlässigt wird.« *
Man lässt jetzt den Katheter gewöhnlich nur 48 Stunden liegen, weil nach dieser Zeit
die Wundflächen sich schon mit Granulationen bedecken, welche das Eindringen des Urins ver
hindern; der letztere Umstand wird auch wesentlich dadurch vermieden, dass man das Scrotum
hoch lagert und die äussere Wunde genügend gross anlegt, wodurch der Wundkanal eine
trichterförmige Gestalt mit nach aussen gerichteter Basis erhält. Doutrelepont räth, den Patienten
im Sitzbad uriniren zu lassen, da der auf diese Weise verdünnte Harn dem Patienten nicht mehr
nachtheilig sei.
Gouley legt den Kath. nicht unmittelbar nach der Operation ein, sondern bougirt vom 2.
Tage an mit einem starken silbernen Katheter, um die Granulationen nach innen hin nicht zu
üppig werden zu lassen; er setzt diese Behandlung bis zur vollständigen Vernarbung 'der Wunde
fort und lässt von da an den Patienten sich selbst mit elastischen Bougies vor Recidiven schützen. .
Der Entschluss, den Katheter nicht liegen zu lassen, wurde in ihm angeregt durch mehrfach be
obachtetes Urethralfieber, welches schon eintrat, wenn der Katheter noch nicht 2 mal 24 Stunden
gelegen hatte; ferner dadurch, dass der nur kurze Zeit in der Blase gebliebene Katheter sich mit
Niederschlägen incrustirte, Welche zu Reizung der Blase Anlass geben. Schliesslich spricht Gouley
noch die Vermuthung aus, dass die durch die Gegenwart des Katheters manchmal erzeugte chro
nische Urethritis auf eben dieselbe Weise Anlass zu Recidiven geben könne, wie die ursprüng
liche Urethritis die Ursache der Strictur gewesen sei.
Die beiden ersten Nachtheile des Verweilkatheters Hessen sich leicht beseitigen durch
sofortiges Entfernen beim Eintritt der Reaction und durch häufiges Reinigen des Katheters; ob
aber der dritte Grund stichhaltig ist, muss die Erfahrung noch lehren, weil die Zahl der nach
Gouley’s Methode Behandelten noch zu gering ist, um einen Vergleich in Bezug'auf Recidive
anstellen zu können, gegenüber denen, welche mit dem Verweilkatheter behandelt sind.
Nach Heilung der Wunde ist der Katheter ein unentbehrliches Mittel gegen Recidive,
welche durch regelmässiges Bougiren, anfangs 2 bis 3 mal wöchentlich, später 1 mal, nach Ver
lauf einiger Monate aber monatlich 1 mal, fast ausnahmslos vermieden werden.
Etwa vorhandene Fisteln heilen in der Regel von selbst, sobald der Urin freien Abfluss
auf natürlichem Wege hat; nötigenfalls kann man die Fistelgänge mit argent, nitr. touchiren.
Ueble Zufälle während und nach der Operation sind folgende: •
1) Blutung.
Dieselbe tritt selten ein, wenn der Operateur sich genau in der Mittellinie hält, wo keine