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Mensch sich durch einen nicht gar lange anhaltenden Druck auf den nerv. rad. eine
Paralyse der Extensoren des Vorderarms zuzieht! Bei der oberflächlichen Lage der
Nerven und des Knochens, gegen den sie angepresst werden, erleiden erstere sehr
leicht eine Quetschung. Man muss deshalb am Oberarm den Schlauch immer ver-
hältnissmässig locker anlegen, was auch genügen wird, urn die Circulation zu unter
brechen.
Bei den Experimenten am Bein legte ich den Schlauch in der halben Hohe
des Oberschenkels an. Die Erscheinungen waren denen, die der Arm bot, sehr ähn
lich. Sie traten nur etwas später auf. In den ersten 5 Minuten empfand ich ein
leichtes Brennen in der Fusssohle, nach 10 Minuten einen diffusen Schmerz im busse,
der nach 15 Minuten fast unerträglich wurde. Um diese Zeit waren die Motiliät und
Sensibilität in den Zehen sehr herabgesetzt und nach 17 18 Minuten gänzlich ver
schwunden. Dann ging auch das Gefühl im ganzen Fusse verloren mit der Fähigkeit,
Bewegungen im Fussgelenk auszuführen. Der Fuss fühlte sich kalt an, ebenso der
unterste Theil des Unterschenkels. In Letzterem empfand ich einen dumpfen Schmerz
in der Gegend der Extensoren. Nach 25 Minuten war das Gefühl im Unterschenkel
erheblich herabgesetzt und die Bewegungen im Kniegelenk behindert. Nach 30 Mi
nuten waren dieselben fast ganz unmöglich und die Schmerzen im Oberschenkel so
stark geworden, dass der Schlauch abgenommen werden musste. Sofort schoss das
Blut bis in die Zehen hinein. Das ganze Bein war sehr geröthet und fühlte sich ganz
heiss an. Die Bewegungen wurden sogleich wieder frei. Nach 10—15,Minuten unter
schied sich das Bein in keiner Weise von dem andern.
Die anatomischen Veränderungen, welche durch eine kürzere oder längere
Unterbrechung der Circulation hervorgerufen werden, hat Cohnheim eingehend unter
sucht. Seine°Experimente an der Froschzunge zeigen, dass, wenn man die Massen
ligatur nach einem Tage löst, sich die Circulation ohne erhebliche Schwierigkeiten
wiederherstellt, dass aber eine Absperrung des Blutes von 48 Stunden eine sehr starke
Schwellung in Folge massenhafter Auswanderung farbloser und rother Blutkörperchen
herbeiführt. Nach einer sechzigstündigen Unterbrechung stellte sich der Kreislauf
nicht mehr in seiner Integrität her und nach einer vier- bis fünftägigen Ligatur starb
die -Zunge ab. Cohnheim stellte ferner am Kaninchenohr Versuche an. Er schob
einen passenden Korkstöpsel in das Ohr hinein und zog auf diesem ein mehrmals
umschlungenes leinenes Band fest zu. Wurde die Ligatur nach 10—12 Stunden ab
genommen, so stellte sich die Circulation sofort wieder her, wurde sie jedoch nach
24 Stunden erst gelöst, so trat jedes Mal eine starke Schwellung ein, meistens auch
eine Hämorrhame, die eine solche Ausdehnung annehmen konnte, dass das ganze
Ohr schwarzroth aussah. In diesen extremsten Fällen starb das Ohr regelmässig ab.
Ich habe dieses Experiment wiederholt und entfernte nach 24 Stunden die Ligatur.
Die Circulation stellte sich wieder her; jedoch zeigte das Ohr neben einer enormen
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