Ueber künstliche Ischaemie bei Operationen.
Starke Blutungen rufen oft ernsthafte Störungen im Organismus hervor und bedrohen
nicht selten das Leben.
ln der Würdigung dieser Gefahren hat man manche Mittel zu ihrer Bekämpfung
erfunden und in die°Praxis eingeführt. Solche sind die Ligatur, die Compression,
die Tamponade und die Styptica, Dieselben reichen meistens aus, um die Blutungen
nach Verletzungen und Verwundungen sowie nach Operationen vollständig zu stillen.
Allein während° einer Operation leisten sie nur unvollkommne Dienste, Durch Com
pression der Hauptarterie hebt man nur die arterielle Blutzufuhr auf, kann jedoch
nicht verhindern, dass das Blut, welches sich einmal in den Arterien, Venen und
Capillaren befindet, bei jedem Schnitte in recht beträchtlicher Menge hervorfliesst.
Dadurch wird das Operationsfeld verdunkelt und die Arbeit selbst sehr erschwert.
Die Unterbindung jedes stark blutenden Gefässes stört den Fortgang der Operation
und zieht dieselbe sehr in die Länge, wodurch der Blutverlust immer grösser wird.
Dieser ist um so mehr zu beklagen, als der Zustand der betreffenden Kranken mei
stens sehr dringend zur Blutersparung mahnt: sei es, dass sie kurz vorher durch
starke Verletzungen erhebliche Mengen Blut verloren haben, sei es, dass sie durch
lung dauernde profuse Eiterungen heruntergekommen sind.
In Anbetracht dieser Umstände verdienten die unblutigen Operationsmethoden,
wie das Abdrehen und Abschnüren von Geschwülsten, das Operiren mit glühenden
Instrumenten u. s. w. alle Beachtung. Sie konnten jedoch wegen ihrer geringen An
wendbarkeit und bedeutenden Nachtheile sich nur wenig Eingang in die Praxis ver
schaffen.
Stromeyer schlug, wie er im Jahre 1853 ein Brachialaneurysma operiren
wollte, (siehe seine „Maximen“ von 1861 pag. 164) ein anderes Verfahren ein, um
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